Frauen werden mutig

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karla kolumna Avatar

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Auf dem Buchcover von "Ein Mann zum Vergraben" lässt sich eine starke Frau mit breiten Schultern und sicherer Körperhaltung samt Spaten erahnen, von der nur die untere Gesichtshälfte abgebildet ist. Der Ausdruck um den Mund herum wirkt zufrieden. Die Abbildung wirkt dynamisch und der Seitenblick symbolisiert für mich das positive Nachvorneschauen. Casale hat sich ein ernstes Thema - nämlich Gewalt an Frauen - vorgenommen, welches sie gleichzeitig nachdenklich, ironisch und optimistisch bearbeitet. Es kommt mir nie zu traurig oder witzig vor, sondern stets der Aktualität angemessen. Denn dies ist leider keine reine Fiktion. Natürlich ist es überspitzt, dass vier Frauen mit sehr unterschiedlichen, individuellen Schicksalen in der Nachbarschaft fast zeitgleich in Notwehr ihren jeweiligen Ehemann während des Lockdowns töten. Aus den ehemaligen Opfern werden Verbündete. Freundschaften sowie Freiheiten entstehen in deren Leben, die es nun nach diesen quasi "(Befreiungs-)" Taten erst lebenswert erscheinen lassen. Die Frauen wurden bis dato unterdrückt und klein gehalten. Das ändert sich im Buchverlauf und die Entwicklung zum Selbstbestimmten wird gut dargestellt. Ich fiebere ein wenig mit wie die Frauen ihren neuen, eigenen Weg bestreiten. Es ist interessant wie sie die Beseitigung ihrer Männer angehen wollen. Ob ihnen das alles gelingt und was zwischendrin noch für unvorhersehbare Dinge geschehen? Casale schafft es, die einzelnen Charaktere gut und nachvollziehbar zu zeichnen. Sie erschafft dadurch Mitgefühl und Sympathien. Es ist gut, dass manche Aspekte im Buch kürzer dargestellt werden und ein großer Fokus auf dem Gefühlsleben liegt. Die Geschichte spielt im Lockdown, was einen interessant-abschreckenden Beigeschmack bei mir hinterlässt, da dies eine sehr schwierige, gesellschaftliche Zeit für viele Menschen war. Und sich viele Probleme schlagartig potenziert haben, die (eigene) Welt auf einmal sehr klein und begrenzt wirkte. Der Tragik, dass Gewalt bis hin zum Mord viel zu oft tatsächlich Realität ist, widmet sich die Autorin im Nachwort. Sie hat jahrelange Erfahrung in diesem Bereich und teilt ihre Kenntnisse abschließend - das macht die Geschichte irgendwie noch mal rund. Das Ende hält noch ein paar kleinere Überraschungen bereit. Die Geschichte klingt nach und es ist wichtig, dass diese thematisiert wird - ohne erhobenen Zeigefinger umso besser.