Desillusionierung in amerikanischer Gefangenschaft im 2. Weltkrieg

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caro.booklover Avatar

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Mein Urgroßvater war selbst in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, so dass mich dieses Thema schon lange persönlich interessiert. Generell lese ich häufig Romane aus der Zeit des 2. Weltkrieges und fand diesen anderen Blickwinkel anhand des Klappentextes sofort spannend. Und ich wurde nicht enttäuscht!
Die Perspektive wechselt zwischen der Gegenwart (wobei die Reise an sich zum Glück nicht zu vordergründig wird) mit Franz Erinnerungen an die Zeit im Lager. Die Blenden auf Franz Tochter Barbara (also Martins Mutter) und die Analyse des Verhältnisses der beiden hätte es für mich gar nicht so sehr gebraucht. Die Beeinflussung der Familiengeschichte durch seine Erlebnisse ist sicherlich wichtig, das Buch hätte aus meiner Sicht aber auch ohne diese Darstellung funktioniert.
Die sprachliche Umsetzung des Romans hat mich von Anfang an überzeugt und in ihren Bann gezogen. Eindringliche Formulierungen bringen nahe, was Franz in den Lagern erlebte und wie ihn dies persönlich prägte. Manche Vorkommnisse unter "Kameraden" erscheinen unvorstellbar und machen dadurch umso betroffener. Als Franz und den übrigen Deutschen nach Kriegsende Bilder aus den befreiten KZs gezeigt werden, musste ich sehr schlucken.
Durch die Freundschaft zu Paul, einem Deutsch-Amerikaner, hält Franz auch nach dem Krieg Kontakt zu dessen Familie. Viele Jahre denkt er über eine Auswanderung nach Amerika nach. Was dann wohl anders gewesen wäre? Was wäre ein "mögliches Leben" gewesen?

Fazit:
Die einfühlsame und eindringliche Sprache hat mir besonders gut gefallen. Franz Geschichte und sein Charakter werden glaubwürdig dargestellt. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der mal einen anderen Blickwinkel auf die Zeit des 2. Weltkrieges sucht. Gleichzeitig ist es auch ein Stück Familiengeschichte eines durch den Krieg geprägten Vaters und seiner irgendwann rebellierenden Tochter.