Bündelung der Kontraste

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sophia1 Avatar

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Diese Story ist ein, wie der erste Eindruck beweist, gelungenes Zusammenspiel kontrastreicher Elemente...

angefangen von den beiden Freundinnen: Blond und Brünett

über die Wärme der Jugendlichen auf der einen und der Kälte des Stahlwerkes auf der anderen Seite,

einengende, hasserfüllte Emotionen auf Seiten des Vaters und die Leichtigkeit seiner Tochter Francesca,

eine Generation der Verbitterung und eine der Hoffnung, 

bis hin zu dem Ort der Handlung: das konservative Italien, konfrontiert mit aufkeimender Sexualität.

 

Dadurch entsteht eine ungeheuere Spannung, die sich früher oder später entladen muss. Auf welche Weise bleibt dem Leser auf den Anfangsseiten noch verborgen. Die Anfangssätze "Die besten Dinge strahlen vor Angst" deuten schon in eine ähnliche Richtung. Ich bin sehr gespannt, was in dieser Geschichte gut und gleichzeitig angsteinflößend ist.

Ein gelungener Debütroman in direkter, unverblümter Sprache! Enrico, der im Stahlwerk Lucchini arbeitet bzw. kürzlich gefeuert wurde, ist im Laufe der Zeit verbittert geworden. Seine Ehefrau Rosa bezeichnet er als Hure und auch auch für seine Tochter empfindet er mehr Hass und unterdrückte Wut als Liebe. Auslöser ist die Veränderung des pubertierenden Körpers, die ihn in den Wahnsinn treibt. Nun meint er, seine Tochter ständig kontrollieren zu müssen und verbringt seine Freizeit mit einem Fernglas am Fenster, um ihren Bikini-Körper am Strand beobachten zu können. Allein schon der Gedanke an potentielle männlche Verehrer löst bei ihm Geschreie und Tobsuchtsanfälle aus. Wenn er wüsste...

Francesca und ihre Freundin Anna warten auf die Welt, das richtige Leben. Wie die Zwanzigjährigen möchten sie Cocktails trinken, hohe Schuhe tragen und sich mit allen denkbaren Accessoires schmücken.

"Die Welt musste erst noch kommen. Die Welt kommt mit 14." So ihre Hoffnung. Aber auch nun tun sie einiges, um diese Welt zu erforschen, die ihnen noch so fremd erscheint. Vor allem die aufkeimende Sexualität. Ganz bewusst spielen sie mit ihren jugendlichen Reizen, locken die Blicke der Männer auf ihre Körper und spielen auf deren erotische Fantasien an. Wie sich das weiterentwickelt bleibt abzuwarten. Interessant sind die Personenkonstellationen und die Ausstattung der Charaktere. Im Gegensatz zu den beiden Mädchen, die ihr Leben in vollen Zügen ausschöpfen, stehen die Fabrikarbeiter und die Familien der beiden. Sie werden mit der harten Realität konfrontiert, mit Sorgen, Geldnöten, Spielsucht und dem Arbeitsplatzverlust. Erfahrungen, die sie wahrscheinlich zu dem haben werden lassen, wie es dem Leser in Enrico begegnet. Der Leseeindruck bricht an einer gelungenen Stelle ab. Durch die lockere Schreibweise war man schon mittendrin in der Story und hätte gerne mehr erfahren!