Spröde Geschichte in distanzierter Sprache

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rebekka Avatar

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„Unwiderstehlich“ findet die Zeitschrift „Elle“ diesen Roman, und „Glamour“ meint, er sei „bezaubernd“. So steht es auf dem Cover, und ich frage mich: Habe ich vielleicht das falsche Buch gelesen? Denn „unwiderstehlich“ und „bezaubernd“ wäre das Letzte, was mir zu dieser spröden Geschichte einer Frauenfreundschaft einfallen würde.
Rufi Thorpe beschreibt in ihrem Erstling zwei ganz unterschiedliche Frauen, deren Freundschaft im Grunde nur darauf beruht, dass sie im gleichen gottverlassenen Städtchen und beide in prekären Familienverhältnissen aufwachsen. Mia, die Ich-Erzählerin treibt ab, als sie im Teenageralter ungewollt schwanger wird. Lorrie Ann, immer bemüht das Richtige zu tun, trägt wenig später ihr Kind aus und heiratet dessen Vater, ohne ihn zu lieben. Danach geht in ihrem Leben alles schief: Der Sohn ist schwerbehindert, der Ehemann stirbt als Soldat in Übersee, die Schulden wachsen ihr über den Kopf und letztlich wird sie drogensüchtig. Mia, der alles gelingt, was sie sich vornimmt, fragt sich das ganze Buch über: Wie konnte es soweit kommen? Und: Habe ich meine Freundin überhaupt jemals gekannt?
Rufi Thorpe beschreibt diese beiden Frauen und ihre Schicksale in einer so distanzierten Sprache, dass ich niemals warm mit ihnen werden konnte. Schlimmer noch: Sie wirft Fragen auf, ohne sie zu beantworten. Wurde Lorrie Ann, wie ein guter Freund vermutet, in ihrer Kindheit mißbraucht? Haben die Freundinnen schon früh ihre Rollen festgelegt – Mia die Böse, Lorrie die Gute, der das Schicksal wie Hiob eine Prüfung nach der anderen auferlegt? Bis zum Schluss wird nicht klar, worauf Rufi Thorpe eigentlich hinaus will. Aber selbst wenn sie ihren Leserinnen eine Erklärung angeboten hätte – bei der Vielzahl der schrecklichen Ereignisse hatte ich mich schon lange vor dem Ende geistig verabschiedet.