Nettes Geschichtchen

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miriam0000 Avatar

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Der pensionierte Ingenieur – der im ganzen Roman namenlos bleibt – führt ein einsames Leben. Erst vor acht Monaten starb seine Frau mit Mitte 60 völlig überraschend und nun ist er alleine in seiner großen Wohnung: Der Kontakt zu seinen drei Kindern ist recht sporadisch, sowohl aufgrund von Distanz und unausgesprochenen Differenzen. Auch wenn er sich wünscht, mehr am Leben seiner Kinder und Enkel teilzunehmen, ist die Distanz sowohl emotional als auch physisch groß. Als an einem Tag seine älteste Tochter aufgrund eines kleinen Unfalls das lang geplante Mittagessen absagt, fühlt sich „Papa“ noch einsamer als sonst. Doch dann begegnet er Elena und ihrem Sohn, die dem ältere Mann einen wunderschönen Tag schenken.
Erzählt wird das Leben des Witwers aus der Sicht seiner zweitältesten Tochter Giulia, die seit dem Tod der Mutter Marcella keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater hat. Grund dafür ist nicht ein großer Streit oder eine Auseinandersetzung, stattdessen haben beide durch den Tod die gemeinsame Verbindung verloren. Dabei verfolgt die Handlung zwei Erzählstränge: In dem einen berichtet Giulia von ihrer Jugend und Kindheit. Deutlich wird dabei, dass der Vater (nicht nur) durch seinen Beruf als weitreisender Architekt häufig abwesend war. Stattdessen war Marcella immer ihre Bezugsperson, die sie in allem unterstützt hat. Der andere Erzählstrang ist eine Nacherzählung des Sonntags mit Elena – ungewöhnlicherweise auch aus der Sicht der Tochter, die ihn einige Jahre später nacherzählt bekommt. Die Umsetzung dieser Perspektive fand ich clever gemacht, weil sie dem Erzählten nochmal eine ganz andere Bedeutung gibt. Allerdings berichtet Giulia auch von Dingen, die sie gar nicht wissen kann und die wahrscheinlich eher ihrer Fantasie als Bühnenautorin zuzuschreiben sind.
Generell hat mir die Geschichte recht gut gefallen. Der Wechsel zwischen den einzelnen Erzählsträngen belebt die Geschichte, sodass der Leser die Familie immer ein wenig besser kennenlernt und auch die Beziehungen von Vater und Kindern besser nachvollziehen kann. Die Sprache ist leicht und angenehm zu lesen, obwohl ich mich hin und wieder an einigen Formulierungen gestoßen haben, die jedoch auch der Übersetzung zuzuschreiben sind. So wird über den geistig eingeschränkten Nachbarsjungen gesagt, er „benahm sich wie fünf“, eine doch recht oberflächliche Wortwahl für eine Behinderung.
Eigentlich wollte ich dem Buch nur 3 Sterne geben, weil vieles – vermutlich auch aufgrund der Länge von nur 230 Seiten – mir zu oberflächlich wirkt. Das schöne und berührende Ende hat mich jedoch noch einmal mit dem Roman versöhnt. Ich kann Ein Sonntag mit Elena jedem empfehlen, der auf der Suche nach einer netten Geschichte ohne großen literarischen Anspruch ist, die man gemütlich in ein bis zwei Tagen durchlesen kann.