Eine Frau auf der Suche nach sich selbst

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lena_lu Avatar

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Knapp ein Jahr nach dem tragischen Tod ihres kleinen Bruders Lukas beschließt Lale Schubert – Mitte dreißig, verheiratet, unglücklich – ihr Leben eine Zeit lang hinter sich zu lassen und setzt sich ohne irgendein Ziel in einen Zug. Durch Zufall lernt sie den mürrischen Gustav kennen, der sie auf seinem verwahrlosten Campingplatz wohnen lässt. Lale hilft tatkräftig mit, Gustavs Haus und den Campingplatz wieder herzurichten und lernt bald den 17-jährigen Flo kennen, der wenig Selbstbewusstsein besitzt, aber dafür viele Kaninchen. Die beiden freunden sich an und wenig später kommen auch Christophe und James dazu. Christophe ist Gustavs Sohn und will endlich seinen Vater kennen lernen, während James Gustavs sehr spiritueller Freund aus Jugendzeiten. Zu fünft erlebt das ungleiche Gespann einen unvergesslichen Sommer.
Der Roman „Ein unendlich kurzer Sommer“ hat mich berührt, weil er einfach tiefgründig ist und die Probleme der Protagonisten authentisch vermittelt werden. Lale ist unzufrieden mit ihrem alten Leben und lässt auf der Suche nach sich selbst alles hinter sich. Genau wie Christophe hat sie mit dem zu frühen Tod eines geliebten Menschen zu kämpfen, über den sie nicht hinwegkommt. Gustav hingegen trauert einer Frau hinterher, die er vor fast 40 Jahren hat gehen lassen. Teenager Flo leidet unter geringen Selbstbewusstsein, einer Behinderung und einer anstrengenden Helikopter-Mutter. James ist die gute Seele, die immer und überall für jeden eine Herzensumarmung übrig hat. Jeder dieser Charaktere ist auf seine Weise liebenswert und realistisch.
Das Setting hat mir auch sehr gut gefallen. Endlich mal wieder ein Roman, der in Deutschland spielt! Der Campingplatz wird mit viel Liebe zum Detail beschrieben und man kann ihn sich sehr gut vorstellen. Aber dadurch dass das Setting eben nicht perfekt ist, sondern auch ein verwahrloster Garten und ein renovierungsbedürftiges Haus eine Rolle spielen, wirkt alles viel realistischer.
Der Schreibstil ist auf jeden Fall angenehm und flüssig zu lesen. Auch die Dialoge sind sinnvoll und realistisch aufgebaut. Nur dass der 70-jährige Gustav teilweise englische Phrasen oder Jugendsprache benutzt, wirkt irgendwie seltsam und unglaubwürdig.
Das Cover finde ich persönlich sehr gelungen, weil es gut die sommerliche Stimmung transportiert, aber auch nicht übertrieben wirkt. Wahrscheinlich soll die gemalte Frau Lale darstellen, auch wenn dann die ganzen Tattoos auf den Armen fehlen 😊. Dass die Frau im Wasser treibt, passt auch sehr gut, weil der See neben dem Campingplatz im Buch eine große Rolle spielt.
Alles in allem ein sehr schöner Sommerroman, den ich sehr genossen habe, wenn auch nicht unbedingt ein Highlight.