Traurig-schöner Sommer

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herr_stiller Avatar

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Und dann war der Sommer plötzlich vorbei. Dieser gewaltige Sommer, der durch Chris‘ Leben gefegt ist, auf einem einsamen Campingplatz in einem verschnarchten Nest irgendwo im Nirgendwo, weit weg von seinem früheren Leben. Ein viel zu kurzer Sommer, ein unendlich kurzer Sommer.

Als er den Haushalt seiner verstorbenen Mutter auf seiner Heimatinsel Réunion auflöst, fällt ihm ein Brief in die Hände. Geschrieben wenige Tage nach seiner Geburt. Nie abgeschickt, versteckt in einem Buch. Adressiert an seinen Vater. Seinen echten Vater, der nicht der war, der ihn aufgezogen hatte und früh gestorben war, sondern ein Unbekannter aus Deutschland. Gustav.

Gustav, der knarzige, stoffelige Besitzer des Campingplatzes, der plötzlich Lale vom Aldi-Parkplatz mitnimmt, die junge Frau, die vor ihrem Leben Reißaus genommen hat, warum, das wird alles erzählt in diesem wundervollen Roman, auch die Geschichte von Chris, von Gustav, von dessen altem Freund James und vom Nachbarjungen Flo.

Ein unendlich kurzer Sommer ist ein tolles melancholisches Sommerbuch. Ein Roman mit vielen verhuschten, skurrilen Charakteren, alle anders, alle gleichzeitig furchtbar anstrengend und furchtbar liebenswert. Eine Geschichte für Leser:innen, die Geschichten von Mariana Leky lieben, deren Figuren, deren Stimmungen, die auch in Kristina Pfisters großartigem Debütroman leben.

Manchmal passiert einfach nichts, der Sommer ist heiß, es gibt Eis oder Bier oder beides und Nachmittage am See und dann plötzlich, wie ein Sommergewitter, da kracht es, da ziehen die Schatten der Vergangenheit wie dunkle Wolken am Himmel auf, genau wie die Schatten der unvermeidbaren Zukunft. Das ist zwar ein bisschen vorhersehbar, aber auf völlig angenehme Weise, größtenteils unverkitscht, immer charmant, immer liebenswert. Was für ein traurig-schöner Sommer!