Der schöne Schein

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rosenfreund Avatar

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Das neueste Werk von Joel Dicker “Ein ungezähmtes Tier“ hat mich vom Hocker gerissen! Schon der Titel lässt viele Vermutungen offen und macht neugierig. Das Cover passt sehr gut zur Story ohne zu voyeuristisch zu sein.
Bereits Dickers Werke “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ und “Die Affäre Alaska Sanders“ haben mich begeistert, so dass ich sie schon mehrfach verschenkt habe.
Dreh- und Angelpunkt des Plots ist ein exakt geplanter Raubüberfall für den 2.Juli 2022. Aber wie hängt er mit dem Rest der Geschichte zusammen?
Zwei Ehepaare stehen im Zentrum des Geschehens. Sophie und Arpad sind ein Paar wie aus einer Hochglanzzeitschrift. Er Bänker, sie Anwältin, reich und glücklich verheiratet, mit 2 Kindern und reichen Verwandten. Beide sind schön und erfolgreich. Ihre Super-Villa in einem Nobelvorort von Genf erregt die Bewunderung und den Neid von Karine und Greg, die zwar in der Nähe mit ihren 2 Kindern wohnen, jedoch in einer einfachen Siedlung aus der Retorte. Greg ist Polizist, Karine Verkäuferin in einer Boutique. Über den Fußballverein der Kinder haben sie sich kennengelernt und angefreundet. Greg ist von seiner Ehe in eingefahrenen Bahnen enttäuscht, jedoch besessen von der wunderschönen Sophie, die wie auf dem Cover zu sehen ist, von ihm durch die riesigen Fenster ihres “Glaspalastes“ beobachtet wird.
Doch da ist noch ein geheimnisvoller Unbekannter, der Sophies Schritte verfolgt. Er tritt aber erst später auf. Es wird deutlich, dass jeder viele Geheimnisse hat und im Prinzip nur an sich selbst denkt. Gefährlich wird es, als der Unbekannte namens Flauve auftritt.
Die Erzählung verläuft überhaupt nicht gradlinig, sondern lebt von vielen Perspektivwechseln und Erzählsträngen auf unterschiedlichen Zeitebenen. Das macht den Reiz des Romans aus. Dicker spickt alles mit Wendungen und Twists, springt vor- und zurück mit einem rasanten Tempo, besonders im 2.Teil. Man denkt immer, den weiteren Verlauf zu erahnen, wird jedoch weiter mit Überraschungen belohnt. So lernt man immer mehr über die Vergangenheit und das Leben der Protagonisten während der ersten 15 Jahre kennen, die sehr authentisch und individuell ausgearbeitet sind. Allerdings werden sie zunehmend unsympathisch dargestellt, denn Schein und Sein sind der Hauptmotor ihres Lebens, das auch von Gemeinheiten gesteuert wird. Das Werk in wunderbarer und toller Sprache ist fesselnd bis zum Schluss.
Ich bin begeistert und vergebe 5 Punkte.