Fauve(s) – Raubtiere zwischen Liebe und Verrat, zwischen Gier und Verlust

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Fauve, mit bürgerlichem Namen Philippe, ist von Anfang an dabei, er tritt erst später ins Rampenlicht, sein Spitzname ein Menetekel. Aber bis zu seinem Erscheinen lernt man unterschiedlichste Protagonisten kennen, das ist ein echtes Bühnenspektakel: Sophie und Arpad, so leben die Reichen und die Schönen, ehe man hinter die Kulissen schaut. Sie Anwältin, er Bänker, zwei Kinder, ein tolles Haus und stinkreiche Verwandte. Karine und Greg, sie wohnen „nur“ in der Kolonie, was so viel wie das mittelständische Armenviertel im Reichenviertel ist. Auch hier zwei Kinder, sie arbeitet in einer Boutique, er ist Polizist. Man kennt sich, man verkehrt (notgedrungen) miteinander, man nähert sich an. Jeder auf seine Weise. Karine bewundert Sophie, Greg verzehrt sich nach ihr. Arpad dazwischen, geplagt von Zweifeln. Und jeder hat seine Geheimnisse, wohl verwahrt und gehütet. Bis Fauve mit Macht auf den Plan tritt.
Über den Verlauf der Geschichte möchte ich hier so wenig wie möglich preisgeben, nur so viel, es erstaunte mich immer wieder, welche Feinheiten und Gemeinheiten Dickers Protagonisten in petto haben und wie leichtgläubig sie teilweise auch wieder sind. Dreh- und Angelpunkt ist ein geplanter Raubüberfall, minutiös geplant – für den 2. Juli 2022 – und beschrieben. Immer wenn man als Hörer denkt, jetzt, jetzt wird alles aufgelöst, geht es an anderer Stelle, zu anderer Zeit, mit neuen Enthüllungen weiter. Einfach perfekt! Es wurde mir jedenfalls keine Minute langweilig.
Der Aussage des Verlages „Ein schillerndes Ehepaar und ein raffinierter Juwelenraub: Dickers bestes Buch!“ stand ich anfangs doch etwas skeptisch gegenüber. Ist es wirklich Dickers bestes Buch? Oder ist es nicht vielmehr so, dass meistens seine Neuerscheinungen in Deutschland Vorschusslorbeeren bekommen, da sie bereits in Französisch und damit in mehreren Ländern erschienen und bewundert wurden? Der Name Joël Dicker jedenfalls zieht!
Und er hat es bei mir wieder geschafft, ich konnte nicht aufhören mit dem Hören, dieser Schriftsteller hat magnetisierende Eigenschaften. Seit ich 2013 „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ gehört habe, auch damals schon las Torben Kessler diesen Roman mit perfekter Stimme und Einfühlungsvermögen, habe ich jedes Hörbuch von Dicker gehört. Seine Romane sind nie eine pure Abfolge von Ereignissen, die Zeiten verschwimmen, immer springt er vor und zurück, lässt kleine Wahrheiten und Enthüllungen aufpoppen, hat ein rasantes Tempo und doch dauert es auch hier über neun Stunden, bis die Auflösung aller Rätsel erfolgt. Einfach genial.
Dass die Übersetzung genial ist, muss ich noch hinzufügen. Auch das Cover erhält von mir die verdienten 5 Sterne, der Blick ins Glashaus wirkt so echt, wie die Beschreibung im Buch es tut: aufregend und blutdrucksteigernd.
Fazit: Fesselnd bis zum Schluss, toll geschrieben und wunderbar gelesen. Ganz große Empfehlung.