Ein wildes Herz

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jule1 Avatar

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Robert Goolrick gelingt mit seinem Roman "Ein wildes Herz" eine Geschichte, die den Leser in Bann zieht und ihn dort lässt, die ihn nachdenklich macht und manchmal auch ratlos. Nach Beendigung der Lektüre brauchte ich mehrere Tage,weil ich gar nicht genau wusste, wie ich rezensieren sollte. Dass der Roman mir gefällt, war klar, auch wenn es ein paar Sachverhalte gibt, die ich diskutabel finde. Insgesamt ist es jedoch ein Roman, den ich weiter empfehlen und auch verschenken werde.
Erzählt wird das Leben mehrerer Personen aus dem Jahr 1948, die in der Kleinstadt Brownsburg im Staat Virginia, leben. Die Charaktere werden wunderbar gezeichnet mit all ihren Charaktereigenschaften, den guten wie den nicht so guten. Die Sprache ist poetisch, eindringlich, viele Sätze muss man zwei-oder mehrmals lesen, manche möchte man sich herausschreiben. Ein ganz großer Stil, wie ich finde.
Die Geschichte spielt zu einer Zeit, kurz nach dem 2. Weltkrieg, der ja auch auf junge amerikanische Männer wie Charlie Beale Auswirkungen gehabt hat. Dieser nicht mehr ganz junge Mann kommt in die kleine Stadt, um sich dort ein Leben aufzubauen. Dabei hat er einen Koffer voller Geld, der Leser erfährt allerdings an keiner Stelle, woher das Geld stammt.
Sam, der Sohn von Alma und Will erzählt die Geschichte nach vielen, vielen Jahren, dennoch gibt es darüber hinaus einen allwissenden Autor, der über den Dingen steht und das den Leser immer wieder spüren lässt. Das finde ich ausgesprochen reizvoll!
Charlie Beale verliebt sich in eine verheiratete Frau, Sylvan, die in einer Hollywoodtraumwelt lebt und wohl auch nur so überleben kann, in einer Welt, in die sie nicht zu passen scheint. Charlie hat Freunde, die Menschen aus Brownsburg mögen ihn, obwohl er keiner von ihnen ist. Anders ist das mit den Schwarzen, die nur geduldet werden und ihre eigene Welt am Rande der Stadt haben. Hier finde ich Bezüge zu Kathryn Stocketts "The Help". Wundervoll beschreibt Goolrick die Doppelmoral auf beiden Seiten, schwarz und weiß, die Fesseln der Gesellschaft, in der sich auch alle Protagonisten befinden. Die Kirche mit ihren Priestern, die soviel Macht innehat und mit der Drohung von Hölle diese Macht auch ausübt. Christlich ist da weniges.Über all dem hängt ein Hauch von Mystik.
Charlie kümmert sich liebevoll um Sam. Er und Sylvan retten ihm sogar das Leben, nachdem er fast ertrunken wäre.Und nun kommt mein einziger Kritikpunkt. Charlie nimmt Sam immer als Alibifunktion mit, wenn er sich mit Sylvan trifft. Damit konnte ich als Leser noch umgehen, als er ihn jedoch am Ende des Romans bei einem Verbrechen zusehen lässt, hatte ich Probleme zu verstehen, wie man so etwas tun kann, wenn man jemanden liebt.
Aber es ist und bleibt ein Roman mit unglaublich faszinierenden Personen und Schicksalen und ist deshalb unbedingt lesenswert.