Eine Affäre in Brownsburg

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ronjalein Avatar

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Brownsburg, Virginia, 1948.
Charlie Beale kommt in einem alten Pick-up in diese beschauliche amerikanische Kleinstadt um sich dort einen neue Heimat zu schaffen. Mit dabei hat er bloß einen Koffer voller Geld und einen weiteren für seine Klamotten sowie seine Metzgermesser. In Brownsburg, wo jeder jeden kennt, und das Leben in ruhigen Bahnen verläuft, wird der Fremde zuerst misstrauisch beobachtet. Doch nachdem er in Will Haisletts Metzgerei eine Anstellung gefunden, und sich als Metzger bewiesen hat, wird er durch seine zuvorkommende, höfliche Art rasch akzeptiert. Vor allem Will und dessen Frau Alma werden zu guten Freunden, die ihm helfen sich einzuleben. Für ihren fünfjährigen Sohn Sam wird er sogar zum Ersatzvater.
Doch Charlie setzt alles aufs Spiel, als er der schönen Sylvan Glass begegnet. Diese Frau, gekleidet wie ein Filmstar und unglücklich verheiratet mit dem reichsten Mann der Stadt, verzaubert ihn vom ersten Moment an. Eine verhängnisvolle Affäre beginnt, in die auch der kleine Sam Haislett mit hinein gezogen wird.

Zuerst einmal: "Ein wildes Herz" ist mehr Erzählung als Liebesroman. Eine wunderbare Erzählung über das Leben in einer amerikanischen Kleinstadt, ein paar Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges. Eine Zeit, in der die Rassentrennung Normalität und der sonntägliche Kirchgang Pflicht ist. Eine Zeit, in der eheliche Untreue von der Kirche als unverzeihliche Sünde betrachtet wird. Mitten drin: Charlie, hilfsbereit und freundlich, der weder etwas von der Rassentrennung noch von Schuld und Höllenfeuer hält. Und Sylvan, gefangen in einer Ehe, die sie nicht freiwillig eingegangen ist und die in ihrer eigenen Welt lebt. Einer Welt, die aus Hollywood-Filmen und vor allem aus glamourösen Kleidern besteht.

Das Leben in Brownsburg beschreibt der Autor so schön, liebe- und eindrucksvoll, dass man meint, Teil davon zu sein. Die leise, ruhige Erzählweise passt ganz hervorragend dazu. Doch bei der Beziehung zwischen Charlie und Sylvan bleibt man als Leser die ganze Zeit nur Beobachter und schafft es nicht wirklich in die Geschichte einzutauchen. Die Gefühle und Beweggründe der beiden konnte ich nie richtig nachvollziehen. Dafür bleibt der Autor zu oberflächlich und vage. Die Distanz zu den beiden Figuren bleibt einfach zu groß, als das ich mich in sie hätte hinein versetzen können. Man weiß am Ende des Buches eigentlich nicht sehr viel mehr über sie (besonders über Charlie), als das, was schon im Klappentext des Umschlages stand.

Empfehlenswert ist das Buch trotzdem. Eine schöne, ruhige und gut geschriebene Erzählung. Auch wenn es von mir wegen der flachen, "blutleeren" Charaktere des Liebespaares und der dadurch nicht wirklich nachvollziehbaren Handlungen, einen Stern Abzug gibt.