Vielversprechend

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r.e.r. Avatar

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In meiner Heimatstadt gab es einen Obdachlosen, von dem jeder wusste, das er einmal Universitätsprofessor gewesen war. Eine verstorbene Frau und viele Flaschen Alkohol später landete er auf der Straße. Wenn man nah genug heran ging, konnte man diesen Mann philosophierend vor sich hin debattieren hören. Oder Gedichte rezitieren. Ich habe mich nie dicht genug hingewagt um auch einmal einen Blick in die Augen werfen zu können. Auch die hätten sicherlich eine eigene Geschichte erzählt. Der Einstieg in Harold Cobert's "Ein Winter mit Baudelaire" hat mich daher neugierig gemacht.

Philipp erzählt seiner Tochter Claire ein Märchen zum Einschlafen. Kurz danach wird er von seiner Frau vor die Tür gesetzt. Die Scheidung läuft. Sie hatte ihm eine Gnadenfrist von drei Monaten in der gemeinsamen Wohnung gewährt. Diese ist nun abgelaufen. Sandrine ist hart und lehnt jedes weitere Gespräch ab. Nur noch über den Anwalt will sie mit ihrem Mann kommunizieren. Die Tochter Claire darf er erst wieder sehen, wenn er über eine eigene Wohnung verfügt. Phillip fährt mit seinem Auto in die Nacht hinaus. Da er mitten in der Nacht kein Zimmer findet, parkt er kurzerhand vor seinem Büro und versucht im Wagen zu schlafen. Recht zerknittert merkt er das dies nicht funktioniert. Der Morgen dämmert da bereits.

Cobert's Roman teilt sich in kurze Kapitel. Wie Blitzlichter werden einzelne Szenen betont. Das liest sich kurzweilig und abwechslungsreich. Die Sprache ist leicht und, fast möchte ich sagen, süffig. Man genießt das gelesene wie einen guten Rotwein. Leider war der Probeauszug sehr kurz. Aber durchaus vielversprechend.