Harold Cobert - Ein Winter mit Baudelaire (Hörbuch)

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An einem Sonntag Anfang Mai in einem Vorort in Paris beginnt die Geschichte. Die vorgebliche Vorstadtidylle, deren Tragödien hinter den Fenstern stattfinden und wo kein Nachbar den anderen wirklich kennt, wird, quasi im Vorübergehen, geschildert.

 

In einem dieser Häuser lebt die kleine Claire, sechseinhalb Jahre alt, mit ihren Eltern Philippe und Sandrine. Wie viele kleine Mädchen liebt Claire es, wenn sie von ihren Eltern Märchen vorgelesen bekommt. An diesem Abend ist es der Vater, der ihr auf ihren Wunsch hin ihr Lieblingsmärchen „Der Sternenprinz und die Prinzessin der Morgenröte“ erzählt. Bald wird der Vater - angeblich - eine Geschäftsreise antreten, die ihn für längere Zeit von zu Hause entfernen wird und da kostet Claire jede Minute mit ihm aus. In Wirklichkeit jedoch sind die Eltern seit einigen Monaten geschieden und Sandrine wirft Philippe endgültig aus der Wohnung.

 

Als Philippe sein bisheriges zu Hause verlässt, weiß er noch nicht, was ihn in den nächsten Monaten erwarten wird. Allein den Kontakt zu seiner Tochter zu halten, das Wichtigste für ihn, wird schier unmöglich für ihn werden, da Sandrine auf kein seiner Anrufe oder Nachrichten reagiert. Die gesamte Situation nimmt ihn dermaßen mit, dass er auch im Job nicht mehr „funktioniert“ und folgerichtig arbeitslos wird. Damit beginnt für ihn der Teufelskreis „kein Job, keine Wohnung - keine Wohnung, kein Job“.

 

Philippe lebt also nach einigen Wochen auf der Straße, ein Lichtblick ist einzig die hier  begründete Freundschaft mit einem Hund. Dank des Hundes bekommt Philippe eines Morgens ein wenig Geld zusammen, das die Leute ihm und dem Hund hinwerfen. Vom Erlös kauft Philippe den beiden Crêpes, muss jedoch nur seinen bezahlen, der marokkanische Verkäufer Ahmed schenkt ihm die Portion des Hundes. Auch die Angestellte in der öffentlichen Dusche freut sich über den Anblick des Hundes, während Philippe duscht, schmust sie mit dem Hund. Wie Philippe später erfährt, hat Beber, der Berber, der Besitzer eines Restaurants, ihn auf den Namen „Baudelaire“ getauft, inspiriert durch dessen Gedicht über Hunde.

 

Ob und wie Philippe es letztendlich schafft, diese Lebenskrise zu bewältigen, möchte ich hier nicht verraten. Nur soviel: Ich habe während des letzten Abschnittes des Hörbuches Tränen vergossen… die zarte, poetische Geschichte von Philippe und Baudelaire wird durch den Sprecher, Hans Löw, einfühlsam und ohne Wertung in der Stimme gelesen.

Da ich eine sehr große Leseratte bin, war ich skeptisch, ob ein Hörbuch meine Erwartungen an ein Buch erfüllen kann. Bei diesem hier kann ich nur sagen: ja, es hat meine Erwartungen sogar übertroffen und ich werde zukünftig Hörbüchern gegenüber aufgeschlossen sein.

 

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_Entweder man lebt, oder man ist konsequent. (Erich Kästner)_