Schöne Momente, aber dennoch nicht ganz überzeugend

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lynas_lesezeit Avatar

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"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist ein Buch, das man sich erst warm lesen muss und dessen Botschaft nicht ganz klar wird, aber auch mit schönen Passagen versöhnlicher stimmt.

Der Start in das Buch war nicht so gelungen für mich, da es etwas zäh war und nicht zu fesseln vermochte. Der Schreibstil war verworren, es gab große zeitliche Sprünge, die es schwierig machten, der Geschichte zu folgen und ein Gesamtbild entstehen zu lassen. Glücklicherweise wurde dies jedoch nach dem ersten Drittel des Buches besser. Aber es gab nach wie vor Lücken und große Sprünge. Das war etwas, was mir nicht so zugesagt hat. Zudem wurde nahezu komplett auf wörtliche Rede verzichtet, Die Dialoge wurden nur indirekt wiedergegeben, was es schwierig machte, den Gesprächen zu folgen.

Durch das ganze Buch zieht sich eine gewisse Unfriedenheit der Charaktere, insbesondere der weiblichen, und die Frage: "Wie schafft man es bloß, an einem Ort wie diesem zu leben?" Denn egal, wo sich die Frauen aufhalten, ist da auch immer eine Sehnsucht, die Sehnsucht nach mehr, nach einer perfekten Welt. Sie haben nicht die Fähigkeit, Glück zu finden. "Das ist eine Gabe, entweder man hat sie oder man hat sie nicht. Mit anderen hat das nichts zu tun." Besonders deutlich merkt man die Sehnsucht nach einer perfekten Welt bei Ester. Sie hat große Träume, die es ihr unmöglich machen zu sehen, was für schöne Dinge es in ihrem Leben gibt, die es zu schätzen lohnt. Leider erschwert sie damit auch ihrem Mann Raffaele und ihrer Tochter Felicita das Leben.

Raffaele ist eher sesshaft und schlicht. Er schafft es sich mit dem Leben zu arrangieren, das er hat, obwohl auch er andere Träume hatte. Zum Glück schafft er es auch Felicita ein wenig von seiner Haltung zu vermitteln. Denn sie passt nicht so richtig nach Sardinien und kann auch trotz aller Bemühungen nicht den Erwartungen ihrer Mutter gerecht werden. Ihre Entscheidung "den Umgang mit den wenigen zu genießen, die sie mochten", finde ich bewundernswert.

Die Nebenfiguren sind überwiegend eher unsympathisch gezeichnet, denn auch sie tragen eine große Unzufriedenheit mit sich, unternehmen nichts, um diese ablegen zu können und suchen die Schuld dafür zudem bei anderen. Mit keinem der Charaktere gelang es mir so richtig warm zu werden.

Gut eingearbeitet ist eine leise Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen, wie dem Hass auf Fremde, religiöser Fanatismus und Umweltzerstörung. Das wertet das Buch deutlich auf. Dennoch ist die Aussage des Buches nicht bei mir angekommen, obwohl es offensichtlich nicht einfach nur unterhaltsam sein sollte.

"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist durchaus lesenswert, konnte mich aber leider nicht ganz überzeugen.