Wie schafft man es bloß, an einem solchen Ort zu leben?

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Rezension zu "Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus

Ester ist immer auf der Suche.
Nach dem perfekten Mann, dem perfekten Job, dem perfekten Ort zu leben.
Doch nie ist es wirklich so, wie sie es sich wünscht. Nie vollkommen genug.
Esters Tochter, Felicita, ist ihr dahingehend völlig unähnlich. Obwohl ihr Leben alles andere als sorglos und einfach verläuft, sieht sie in allem das Gute, das Schöne, das Positive. Felicita lebt schließlich in Cagliari und bastelt dort praktische oder dekorative Dinge aus Weggeworfenem. Weder ihre unerfüllte große Liebe, noch ihr Sohn, der sich im Vergleich zu anderen Kinder etwas merkwürdig verhält, können sie zermürben. Nicht nur das - Felicita schöpft scheinbar aus jeder Krise neue Kraft oder neue Perspektiven und Chancen und zum Schluss freundet sie sich nicht nur mit Menschen an, mit denen sie laut ihrer Nachbarin nicht mal reden sollte, sondern ermöglicht ihrem Sohn sogar eine Klavierausbildung in New York.

"Eine fast perfekte Welt" nimmt die Leser_innen mit nach Sardinien, Genua und Mailand und zeichnet dort eine 3-Generationen-Geschichte in all ihren Facetten, gespickt mit viel italienischem Flair und Einblicken in Bräuche und Kultur der Landsleute.
Gleichzeitig ist es ein Roman über das Streben nach Glück. Über die Suche nach dem, was das Leben vollkommen macht. Dabei erkennen sich sicher viele Leser_innen wieder und stoßen unwillkürlich auf die Erkenntnis, dass die Welt immer nur so perfekt ist, wie wir sie sehen wollen!

Ich persönlich hätte mir noch etwas mehr Erzählungen über die Insel Sardinien oder Italien generell gewünscht. Noch mehr über Landschaft, Leute und Kultur.
Am Anfang dachte ich, dass ich hier gut bedient werde, doch je länger das Buch fortdauert, desto mehr vertieft sich die Autorin in die Verstrickungen innerhalb der Familienbande, in (zum Teil sinnlose) Dialoge und lange innere Monologe. Mir wäre es umgekehrt lieber gewesen.
Durch das romantische Finale am Schluss wurde ich jedoch wieder entschädigt!

Offen bleibt für jede_n Leser_in die Frage: Wie wird man glücklich in einer Welt, die nicht perfekt ist?