Trauriges Leben in Anmut

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heike lohr Avatar

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Die Personen, die Zeit, die Blindenschule, die bürokratischen Abläufe und die karge Anmut einer Zeit ohne Strom und fließendes Wasser geschweige denn ohne Hightech Medizin sind historisch und atmosphärisch gut wiedergegeben.
Thomas Zwerina ist ein gutes und vollkommen tristes Buch gelungen. Durch einen Unfall mit dem Werkzeug seines Vaters zerstört sich der junge Louis Braille sein Augenlicht. Er hat ein phänomenales Gedächtnis, viel Phantasie und die Fähigkeit sich auszudrücken und die Leute positiv für sich einzunehmen.
Er beschreibt den Geruch des Heus mit Croissants mit normannischen Butter und versucht sich so die Welt beschreibbar zumachen.
Der Pfarrer setzt seinen Schulbesuch durch, er gelangt später in die Blindenschule, in der es einen jähzornigen und schlagfreudigen Lehrer gab. Die Schüler und Schülerinnen müssen auf komplizierte Weise die Schreibschrift der Sehenden erlernen. Diese durch Einprägungen ertastbar zu machen gelingt nicht. Die von einem Lehrer erfundene Zwölfpunktschrift ist noch zu schwer zu ertasten.
Louis Braille entwickelt heimlich diese Schrift weiter, sowohl für Musiknoten als auch für Buchstaben. Gegen den Widerstand von leitenden Lehrern, die diese neue Schreibweise als Auflehnung gegen die Kultur der Sehenden und als Verschwörung der Blinden ansehen.
Trotzdem gelingt es Braille Lehrer an der Schule zu werden und seine Schrift weiterzuentwickeln- trotz aller Widerstände.
Die Intrigen, die Vorurteile sind sehr stark ausgeprägt. Doch gelingt es immer wieder sich Freiräume zu schaffen.
Wer auch immer dann Brailles Erfindung weiterführt, sich erwies sich für die Blinden Community als äußerst hilfreich. Leider starb Louis Braille viel zu früh an Tuberkulose.
Dieses Buch habe ich in Etappen weitergelesen, weil es mich sehr traurig gemacht hat. Trotzdem finde ich das Buch ausgezeichnet, weil es mir mehr von der Problematik der Blinden in Brailles Zeit verrät, als das Sachbücher zu tun vermögen.
Gleichzeitig war es informativ, mehr von dem Erfinder der bis heute verwendeten Blindenschrift zu erfahren.
Kurzum ein biographischer mit Sachbucheinschlag. Verblüffend auch, dass der Autorname und Titel in erhabenem Druck tastbar ist. So konnte ich die Schwierigkeit, eine Druckschrift nur zu erfühlen, durch eigene Erfahrung nachvollziehen. Also empfehle ich dieses Buch als absolute Lebens- und Leseerfahrung. Viel Nachdenken bei der Lektüre.