Das isländische Vermächtnis

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murksy Avatar

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Das Buch ist viel zu umfangreich, strotzend vor Einfällen und brillanter Schreibweise, um es in einer Rezension auch nur annähernd wiedergeben und würdigen zu können.

Erzählt wird das Leben einer alten Frau, die die Welt bereiste, immer auf der Suche und Flucht war und trotzdem ihrer Heimat treu blieb. Auch wenn sie dies oftmals verleugnete. Doch hinter der Fassade einer männerverschlingenden Zynikerin versteckt sich eine „vom Leben vergewaltigte Frau“. Ihre Erfahrungen während der Kriegsjahre, ihr Vater, der Nazi war, ihr Großvater, der Präsident von Island war, all das prägt die Erinnerungen der Frau, die in einer Garage, vom Krebs zerfressen im Internet surft und mit ihrem Leben abrechnet. Dabei gelingt dem Autor das Husarenstück, in den Jahren zu springen, ohne den Zusammenhang und den roten Faden zu verlieren. Drastische Schilderungen des Todes gehören zum Erzählstil ebenso wie traumhaft schöne Poesie (Insekten, die die Sonne auf ihren Flügeln in den Schatten eines Baumes tragen). Das Buch ist voll skurriler Menschen und Vorkommnisse, pendelt zwischen Liebe und Gewalt, Irrsinn und Selbstaufgabe. Ein Sammelsurium der Erinnerungen. Trotz der Unzahl an Vorfällen, die die Frau um die Welt getragen haben, wirkt das Buch und die Frau dermaßen glaubhaft, dass man geneigt ist, den Wahnwitz für bare Münze zu nehmen. Literatur darf alles, nur nicht langweilen. Dieses Buch ist das reine Lesevergnügen. Der Leser leidet mit, wenn Personen plötzlich aus dem Leben gerissen werden, wenn lieb gewonnene Orte zu blutbefleckten Stätten des Grauens werden. Man verachtet die sogenannten Familienmitglieder, die ihre Mutter/Oma in einer Garage hausen lassen. Aber ebenso schmunzelt man, wenn die Frau über die Vorzüge ihrer Männer philosophiert oder im Internet Bodybuilder zu Höchstleistungen treibt.

Danke für dieses grandiose Werk, originell, aufregend, poetisch, liebend, hassend, bedrückend, entzückend. Ich ziehe meinen Hut in wortgewaltiger Srachlosigkeit.