Ein außergewöhnliches Leben

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abunchofcats Avatar

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,,Ich lebe allein in einer Garage, zusammen mit einem Laptop und einer alten Handgranate. Wir haben es wahnsinnig gemütlich."

Allein diese beiden Sätze machen deutlich, dass Herbjörg eine außergewöhnliche Frau ist. Sie istJahrgang 1929 und hat vieles erlebt und ist dabei doch nicht am Leben verzweifelt. Sie muss sich gegen Männer behaupten, erlebt den 2. Weltkrieg und erzieht drei Söhne. Als sie ihren Tod spürt, bestellt sie schon einmal einen Termin im Krematorium, wo sie bei besagten 1000° am 14. Dezember verbrannt werden will. Bis dahin aber lässt sie ihr Leben Revue passieren und bleibt via Facebook mit der Welt in Kontakt und macht ihre großen und kleinen Abrechnungen.

Ich habe dieses Buch in wenigen Tagen verschlungen, weil es mich von der ersten Seite an fasziniert hat. Auf der einen Seite wirkt das Cover ein wenig abschreckend und man muss zweimal schauen, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt. Aber es zeigt auch ein Gesicht, in dem sich das Leben wiederspiegelt.

Genauso ambivalent ist der Schreibstil. Manchmal ist die Protagonistin zynisch, kalt und radikal. Dann aber wird ihre Sprache weich und anrührend. Auch ihre Beschreibungen des zerstörten Berlins wirken sehr nachdrücklich auf den Leser und oft sind es die leisen Töne, die einen beim Lesen nachdenklich stimmen. Aber Herbjörg bringt einen auch zum Schmunzeln, als sie zB. im Krematorium einen Termin für ihre eigene Einäscherung beantragt und man ihren Namen auf der Liste nicht finden kann. Viele Dinge werden anhand von Vergleichen geschildert und kommen sehr poetisch daher wie in dem Kapitel ,,Ein polnisches Pferd".

Auf Herbjörg trifft die Beschreibung Rauhe Schale - weicher Kern sicher zu und deshalb stimmt das letzte Kapitel den Leser auch sehr melancholisch, ohne hier zuviel verraten zu wollen.. Aber auch hier kann es H. Helgason sich nicht verkneifen, seiner Heldin eine letzte Spur schwarzen Humor mit auf den Weg zu geben.

Dies ist das erste Buch von Hallgrimur Helgason, das ich gelesen habe und ich kann das Buch nur weiter empfehlen.