Eine Frau bei 1000°

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Ich habe ein besonderes Buch gelesen.

Erzählt wird die Geschichte der 80-jährigen Herbjörg Maria Björnsson, die krebskrank in einer Garage haust und auf ihren Tod wartet. In ein Pflegeheim will sie nicht, sondern den Rest ihrer Tage selbstbestimmt verbringen. In der Garage lebt sie, weil ihre Söhne und Schwiegertöchter ihr Haus im Hinblick auf den baldigen Tod verkauft und das Geld unter sich aufgeteilt haben. Besuchen kommen sie die alte Dame nicht. Die aber spioniert deren Leben mit Hilfe ihres Computers und des Internets aus. Alles was ihr sonst noch bleibt ist eine Handgranate (ein Ei aus Hitlers Zeit), die sie von ihrem Vater während des Zweiten Weltkrieges bekommen hatte, als dieser sie auf einem Bahnhof in Deutchland allein zurücklassen mußte.

Allein gelassen, läßt Herbjörg ihr Leben Revue passieren in wechselnden Zeitabschnitten, was jedoch gut zu verfolgen war, weil jedes Kapitel mit einer Jahreszahl versehen ist.

Erst nach und nach kan man sich in die Gedankenwelt von Herbjörg hineinfinden. Zunächst konnte man denken, es handelt sich um eine alte zynische Person, aber weit gefehlt. Mit einem sicheren Blick auf ihr Leben, erzählt sie die Wahrheiten, wie sie eben das Leben so schreibt. Manchmal komisch, manchmal ironisch, manchmal zynisch, aber nicht so verbittert, wie man es ihr aufgrund des Lebenslaufes zugestehen möchte.

Ein Großteil des Buches ist der Zeit im Zweiten Weltkrieg gewidmet. Dies ist auch der berührendste Teil des Buches, leidet man doch mit dem 14-jährigen Mädchen, das sich allein durchschlagen muß und die ganze Härte des Krieges zu spüren bekommt.

Das Buch wird mich noch eine ganze Weile beschäftigen, und es wird auch nicht das letzte Buch von Hallgrimur Helgason sein. Ich bin gespannt, was für Geschichten er noch erfunden hat.