Eine Matrazenhyäne erzählt

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simonsays... Avatar

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 Alt ist sie, allein in einer Garage wohnend, da ihre Familie sie um ihren Besitz betrogen hat und krebskrank - da zeigt sich schon ihre Zähigkeit, ihren von den Ärzten prognostizierten Tod hat sie schon 18 Jahre überlebt. Alles lässt nun vermuten, dass es sich um eine weinerliche Alte handelt, die jammernd ihr Leben beweint. Das Gegenteil ist der Fall: die Protagonistin ist voller Schalk, Ironie, Sarkasmus und Witz, liebt ihre Handgranate, die Verbindung zum unerreichbaren Vater und ihre moderne technische Ausstattung (Computer), mit der sie sich in virtuellen Welten und mit verschiedenen erdachten Profilen in sozialen Netzwerken bewegt uns sich an der Familie rächt. Als sie körperlich mehr und mehr verfällt, macht sie einen Termin für ihre Einäscherung aus, die Art der Erzählhaltung lässt den Leser glauben, sie hätte sie überlebt. 

Die Handlung wechselt zwischen ihren Gedanken an ihr früheres Leben als Enkelin des ersten Präsidenten Islands, die wenige schöne und meistens grausame Zeiten, davon die Zeiten des 2. Weltkrieges, in denen sie mehrfach vergewaltigt wurde. Ihre "Schule der Hölle", wie sie sie beschreibt. Männer, eigene Kinder, dazwischen Reisen, Bekanntschaft mit vielen Berühmtheiten darunter die Beatles in Hamburg, dann wieder Island, Tod der Eltern.

Der Roman ist so dicht erzählt, so voller Anspielungen, Themen, Gesellschaftskritik, kraftvollen Wortbildern, dass ihn einmal zu lesen heißt, ihn nicht erfasst zu haben. Auch da gleicht der Roman dem geschilderten Leben: so viele Erinnerungen, die mit einem Mal vorbei sind, sobald sich der Deckel schließt. Oder doch nicht?

Fazit: Ein ganz besonderer Roman, der sich endlich einmal abhebt von dem üblichen Allerweltsgeschreibe. Ungewöhnlich, immer etwas fremd, doch gerade daher anziehend.