Nachhilfe im Sterben oder Lektion fürs Leben

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griseldis2000 Avatar

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„Eine kurze Geschichte vom Fallen“ gefällt mir als Überschrift nur halb so gut wie der Untertitel:
„Was ich beim Sterben über das Leben lernte“.
Joe Hammond beschreibt die veränderte Wahrnehmung nach der Diagnose Motoneuron- Krankheit: „Die Diagnose einer unheilbaren Krankheit ist das allerfeinste Instrument, das ein Schriftsteller haben kann: es ist der Blick auf Anfang und Ende von einer hohen Warte aus.“
Die Position, die der Autor einnimmt, ist distanziert und doch ganz nah. Er beobachtet sich selbst und sein Umfeld so klar, mitfühlend und weise, dass in mir keinen Moment der Wunsch aufkam, mich abzuwenden vom Leid, vom Schmerz, von der Angst vor dem Sterben.
Während der Autor selbst immer wieder überrascht zu sein scheint, wie schnell und nachhaltig sein Zerfall vonstatten geht, so ist doch die Kernaussage, dass sich all das kein bißchen langweilig oder profan anfühlt. Es ist Leben. Intensiv und zutiefst der Vergänglichkeit bewusst.
Ich könnte beim besten Willen nichts an diesem Buch kritisieren. Es erfüllt mich mit Ehrfurcht, wie menschlich, wie ehrlich und wie persönlich es geschrieben ist. Der Stil ist schlicht und sachlich mit Anflügen von Poesie. Immer wieder funkelt zärtlicher Humor zwischen den Zeilen.
Ich überlege, ob ich den Text nicht noch im englischen Original nachlese. Aber die Übersetzung ist ziemlich genial.