Ein Nachruf auf die Liebe

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
jenvo82 Avatar

Von

Dieser Jugendroman beschäftigt sich mit der Identitätsfindung zweier Schwestern, die als siamesische Zwillinge geboren wurden und bisher alles gemeinsam erlebt haben, die einander lieben und sich gleichsam wie eine Person fühlen, obwohl sie es nicht wirklich sind. Entgegen aller ärztlichen Prognosen sind Tippi und Grace mittlerweile 16 Jahre alt geworden und trotzen ihrer Behinderung auf eigene Art und Weise. Natürlich steht die ständige Präsenz der Körperlichkeit an erster Stelle, denn die beiden sind hüftabwärts zusammen gewachsen und teilen sich einen Unterleib. Aber ihr Wesen, ihre Gedanken und natürlich ihre Charaktere sind durchaus verschieden und einzigartig.

Die Autorin schildert in ganz normalen Alltagsszenen das Leben einer fünfköpfigen Familie, bei denen es so ziemlich alles gibt, nur keine Normalität. Während der Vater seine Sorgen im Alkohol ertränkt, die Mutter in die Arbeitslosigkeit gerät und die jüngere Schwester als Primaballerina immer mehr dem Hungerwahn verfällt, bemühen sich Tippi und Grace angestrengt darum ein einigermaßen normales Leben zu führen, ganz gleich wie hoffnungslos dieses Unterfangen auch scheint.

Sie verständigen sich oft ganz ohne Worte, fühlen nicht nur ihre körperliche Verbundenheit sondern auch ihre seelische Nähe. Manchmal sind sie EINS und dann fragen sie sich wieder, wie es wäre, wenn man eine eigene Identität, einen eigenen kompletten Körper hätte. Nach einer Infektion werden beide sehr krank und es ist abzusehen, dass eine Trennung ihrer Körper die einzige Möglichkeit ist, ihr Leben zu retten, oder zumindest das von einer der beiden …

Dieser Roman bringt echte Abwechslung beim Lesen, denn die Geschichte lebt von ihrer Besonderheit, schafft Verbundenheit mit den Protagonisten und wirft tiefschürfende Probleme Jugendlicher auf, die auch unabhängig von einer Behinderung auftreten und so typisch sind für die Zeit des Erwachsenwerdens. Eher störend empfand ich hier das Layout des Buches, fast leere Seiten, unzählige Überschriften und unzusammenhängende Kapitel. De Facto hätte man das Buch auf die Hälfte der Seiten drucken können, ohne es einzukürzen.

Fazit: Ich vergebe gute 4 Sterne für einen ungewöhnlichen Jugendroman, der sehr einfühlsam mit schwerer Thematik umgeht, der Behinderung, Krankheit und Sterben ebenso offensiv angeht wie die erste Liebe, das Finden einer eigenen Identität und die Liebe, die aus lebenslanger Verbundenheit entsteht. Ein Buch fürs Herz, dem es nur ein klitzekleines bisschen an Tiefgang und Nachklang fehlt.