Eine Nacherzählung

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birdies_buecherwelt Avatar

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Für Neuerzählungen der griechischen Mythologie kann ich mich einfach immer wieder auf's neue begeistern! Nach "Ich, Ariadne", ist nun "Elektra" von Jennifer Saint erschienen.
Elektra ist eine der Töchter von König Agamemnon und Königin Klytämnestra von Sparta. Sie liebt ihren Vater abgöttisch und möchte für ihn immerzu 'Die Helleuchtende' sein, denn das bedeutet ihr Name übersetzt. Als der trojanische Krieg ausbricht und Agamemnon die griechische Flotter hinter sich vereint, opfert er seine älteste Tochter Iphigenie für einen guten Wind gen Troja. Während Elektra täglich für die Heimkehr ihres Vaters betet, tut Klytämnestra dies nur, um ihren Ehemann anschließend eigenhändig ermorden zu können, denn das hat sie sich im Falle seiner Rückkehr geschworen.
Es taucht noch eine dritte Frau auf, Kassandra. Die trojanische Prinzessin ist eine Priesterin und Dienerin des Appollon und mit der Gabe der Weissagung gesegnet. Allerdings glaubt ihr niemand, sie wird für wahnsinnig gehalten.
Aufgrund dieser drei Sichtweisen, empfinde ich den Titel als ein wenig irreführend. Sei's drum. Elektra, Klytämnestra und Kassandra wechseln sich kapitelweise mit ihren Erzählungen ab und doch muss ich sagen, dass alle drei irgendwie gleich oder zumindest sehr ähnlich klingen. Jennifer Saint hat eine Art Nacherzählung geschaffen, aber leider keine richtige Neuerzählung oder gar Neuinterpretation. All das was in der Handlung passiert, habe ich so oder so ähnlich bereits in anderen Romanen und Büchern gelesen. Seit Madeline Miller vor vielen Jahren mit 'Das Lied des Achill' die Neuerzählungen der griechischen Mythologie begründet hat, habe ich das Gefühl, dass viele auf diesen Zug aufspringen und doch nur wenige es schaffen, etwas Neues und Packendes zu erschaffen. Die drei Frauen schauen aus feministischer Sicht auf die Ereignisse, aber für meinen Geschmack nicht kritisch genug. Zweifelsfrei hatten die Frauen es damals alles andere als leicht. Wie sie es trotzdem schafften damit umzugehen, wurde für meinen Geschmack aber zu wenig gewürdigt. Zu Elektra und Klytämnestra habe ich keinen richtigen Zugang bekommen, sie waren mir nur bedingt sympathisch und ich habe auch nicht mit ihnen mitgefühlt.
Positiv hervorheben, möchte ich die Darstellung der Kassandra. Ihren Worten wird kein Glaube geschenkt, selbst als sie den Untergang Trojas vorher sieht und der Krieg Troja bereits erreicht hat. Sie hatte etwas neues und faszinierendes an sich.
Ein beinahe kurzweiliger Roman, der drei Sichtweisen einer Geschichten vereint, der meinen hohen Ansprüchen aber leider nicht komplett gerecht werden konnte. Ich empfehle 'Elektra' denjenigen, die sich noch nicht allzu intensiv mit dem trojanischen Krieg und dem Königshaus von Sparta beschäftigt haben und die weniger Vorwissen hierzu haben.