Homers Gesänge aus Sicht der Frauen
Wunderschöne Neuinterpretation eines uralten Stoffes. Bisher kannten wir nur die Abenteuer des Odysseus, Hektor, Patroklos, Ajax, Aeneas, Agamemnon, Menelaos, und wie sie alle hießen, auf der Ebene vor Troja aus der Sicht Homers. Von den Frauen wussten wir nur, sie waren da, sie wurden nicht gefragt, sie mussten alles mitmachen, erdulden, erleiden.
Und nun, in diesem Roman, erheben die Frauen ihr Wort, sie haben eine eigene Meinung, sie retten das Leben eines kleinen Jungen, sie üben blutige Rache, sie wählen ihre Ehemänner selbst aus. Es kommen zu Wort Klytämnestra, ihre Tochter Elektra, von Mykene und die trojanische Königstochter und Apollopriesterin Kassandra. Alle drei Frauen sind mit einem Fluch belastet.
Kassandra hat zwar von Apollo die Gabe der Prophezeiung erhalten, aber gleichzeitig verflucht, dass ihr nie jemand glauben würde. So wird sie zur Wortlosigkeit verdammt, wozu sprechen, wenn ihr niemand glaubt? All ihre Warnungen, vor Paris, dass er Unglück über Troja bringen würde, dass Hektor fallen würde, dass das hölzerne Pferd den Feind beherbergt, dass Agamemnon in der Stunde seines Triumphs in Mykene sterben wird, all das hat ihr niemand glauben wollen. Ihr Tod ist für Kassandra eine Erlösung.
Durch ihre Heirat mit Agamemnon ist Klytämnestra auch zu einer Attridin geworden, ihre Tochter Elektra ist es durch ihre Geburt. Beide müssen ihren Fluch erfüllen, es gibt kein Entkommen. Im Augenblick ihres Todes nimmt Klytämnestra ihr Schicksal an in der Hoffnung, dadurch den Schmerz ihrer Kinder Elektra und Orest zu lindern. Durch ihren Tod sühnt Klytämnestra den Gattenmord, aber Orest wird nun von den Erinnyen verfolgt, denn Muttermord ist genauso schwerwiegend.
Saint erdenkt sich nicht eine neue Ilias aus, sie ändert nicht das Ende, fabuliert nicht den alten Stoff weiter. Das Ende ist das gleiche: Der Krieg in all seiner Grausamkeit dauert zehn Jahre, Troja geht unter in Blut und Asche, die Überlebenden, die nicht zu fliehen vermochten, und Trojas verbliebener Reichtum werden unter den Siegern aufgeteilt, genau wie Homer es beschrieben hat. Hektor tötet Patroklos, Achill tötet Hektor, Paris verletzt Achill tödlich an der Sehne, das trojanische Pferd wird trotz der Warnung des Laokoon in die Stadt gezogen, Troja fällt, die Frauen werden vergewaltigt und getötet oder in die Sklaverei verschleppt.
Wie in der antiken griechischen Tragödie nimmt das unerbittliche Schicksal seinen Lauf. Rache an Iphigenies Tod führt zum Gattenmord, dieser führt zum Muttermord. Der Fluch, der auf dem Hause der Attriden lastet, wird auch in diesem Buch bis aufs letzte Jota erfüllt. Erst die Reinigung und Sühne vor dem Orakel zu Delphi können den Fluch und den Wahnsinn beenden.
Vor Jahren hatte auch Christa Wolf Homer aus Frauensicht umgedeutet: Kassandra, ein beeindruckendes Buch. Oder Marion Zimmer Bradley, "Die Feuer von Troja". Und etliche Autorinnen mehr. Wir sehen also, Jennifer Saint steht nicht im luftleeren Raum. Homer, der alte Macho, wird es ihr nicht danken. Wir aber schon.
Und nun, in diesem Roman, erheben die Frauen ihr Wort, sie haben eine eigene Meinung, sie retten das Leben eines kleinen Jungen, sie üben blutige Rache, sie wählen ihre Ehemänner selbst aus. Es kommen zu Wort Klytämnestra, ihre Tochter Elektra, von Mykene und die trojanische Königstochter und Apollopriesterin Kassandra. Alle drei Frauen sind mit einem Fluch belastet.
Kassandra hat zwar von Apollo die Gabe der Prophezeiung erhalten, aber gleichzeitig verflucht, dass ihr nie jemand glauben würde. So wird sie zur Wortlosigkeit verdammt, wozu sprechen, wenn ihr niemand glaubt? All ihre Warnungen, vor Paris, dass er Unglück über Troja bringen würde, dass Hektor fallen würde, dass das hölzerne Pferd den Feind beherbergt, dass Agamemnon in der Stunde seines Triumphs in Mykene sterben wird, all das hat ihr niemand glauben wollen. Ihr Tod ist für Kassandra eine Erlösung.
Durch ihre Heirat mit Agamemnon ist Klytämnestra auch zu einer Attridin geworden, ihre Tochter Elektra ist es durch ihre Geburt. Beide müssen ihren Fluch erfüllen, es gibt kein Entkommen. Im Augenblick ihres Todes nimmt Klytämnestra ihr Schicksal an in der Hoffnung, dadurch den Schmerz ihrer Kinder Elektra und Orest zu lindern. Durch ihren Tod sühnt Klytämnestra den Gattenmord, aber Orest wird nun von den Erinnyen verfolgt, denn Muttermord ist genauso schwerwiegend.
Saint erdenkt sich nicht eine neue Ilias aus, sie ändert nicht das Ende, fabuliert nicht den alten Stoff weiter. Das Ende ist das gleiche: Der Krieg in all seiner Grausamkeit dauert zehn Jahre, Troja geht unter in Blut und Asche, die Überlebenden, die nicht zu fliehen vermochten, und Trojas verbliebener Reichtum werden unter den Siegern aufgeteilt, genau wie Homer es beschrieben hat. Hektor tötet Patroklos, Achill tötet Hektor, Paris verletzt Achill tödlich an der Sehne, das trojanische Pferd wird trotz der Warnung des Laokoon in die Stadt gezogen, Troja fällt, die Frauen werden vergewaltigt und getötet oder in die Sklaverei verschleppt.
Wie in der antiken griechischen Tragödie nimmt das unerbittliche Schicksal seinen Lauf. Rache an Iphigenies Tod führt zum Gattenmord, dieser führt zum Muttermord. Der Fluch, der auf dem Hause der Attriden lastet, wird auch in diesem Buch bis aufs letzte Jota erfüllt. Erst die Reinigung und Sühne vor dem Orakel zu Delphi können den Fluch und den Wahnsinn beenden.
Vor Jahren hatte auch Christa Wolf Homer aus Frauensicht umgedeutet: Kassandra, ein beeindruckendes Buch. Oder Marion Zimmer Bradley, "Die Feuer von Troja". Und etliche Autorinnen mehr. Wir sehen also, Jennifer Saint steht nicht im luftleeren Raum. Homer, der alte Macho, wird es ihr nicht danken. Wir aber schon.