Neue Sichtweise auf altbekannte Geschichte

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Das Cover macht sofort Lust darauf das Buch aufzuschlagen und in die Welt einzutauchen. Die schlichte Eleganz, die durch die grün-goldene Farbgebung verstärkt wird, erinnert bereits an das alte Griechenland, was eine schöne Verbindung zum Inhalt des Buches schafft.
Elektra handelt nicht nur von Elektra selbst, sondern von zwei weiteren Frauen, aus deren Sichtweisen die Sage um den Kampf um Troja neu erzählt wird. Dabei liegt der Fokus eben nicht auf all den glorreichen Helden, die sooft schon der Mittelpunkt sein durfte, sondern auf den Frauen im Hintergrund. Elektra ist am Anfang des Buchs noch ein junges Mädchen und nimmt die Geschehnisse auf ihre ganz eigene Art wahr. Sie wächst mit dem Warten auf ihren Vater zu einer zornigen jungen Frau heran. Sie ist die Tochter des Agamemnon und in ihrer Vorstellung kann dieser keinerlei Fehler begangen haben. Klytämnestra, ihre Mutter, ist die zweite Frau aus deren Sicht erzählt wird. Auch sie besteht vor allem aus Wut. Doch statt zu warten, schmiedet sie Pläne. Die dritte im Bunde ist die junge Kassandra, die in Troja aufwächst und nach einer unglücklichen Begegnung mit dem Gott Apollon eine große Last trägt. Sie sieht in die Zukunft, doch ist dazu verdammt, dass keiner ihr glauben schenken will. Die neue Perspektive auf die Geschehnisse verleiht dem Buch eine neue Spannung und ist der Grund, weshalb ich es lesen wollte. Allerdings ist es auch das einzige, was das Buch wirklich trägt. Da die Rahmenhandlung grundsätzlich gleich bleibt mit der anderer Troja-Erzählungen, haben hier vor allem die drei Protagonistinnen die Aufgabe zu überzeugen. Während die Frauen alle drei wirklich interessante Beweggründe haben und es faszinierend ist, die Sage aus ihrer Sicht zu betrachten, habe ich es schwer gefunden wirklich Zugang zu den Charakteren zu finden. An mancher Stelle war es zwar möglich mit ihnen mitzufühlen oder zumindest ihre Gedanken nachzuvollziehen, doch wirklich ans Herz wachsen konnte mir keine von ihnen. Zumal ich mir in allen drei Fällen mehr individuelle Entwicklung gewünscht hätte. Alle drei Frauen sind die meiste Zeit gefangen in ihrem Elend, lediglich getragen von ihrem Leid, ihrer Trauer und ihrem Zorn. Das bringt zwar die Tragik ihrer Situationen besonders gut zur Geltung, lässt die Charaktere aber manchmal etwas eintönig wirken. Dadurch hat sich das Buch auch sehr in die Länge gezogen und es war stellenweise mühsam weiterzulesen. Nichtsdestotrotz hat mir das Buch auch gefallen, besonders da mit Elektra und ihrer Mutter die Sage nicht nur aus weiblicher Perspektive erzählt wurde, sondern auch aus der zweier Generationen. Und zu Beginn waren die drei Protagonistinnen auch wirklich spannend und sympathisch. Außerdem hat das Buch einen ganz besonderen Fokus und geht viel auf die Gefühlsebene von Elektra, Klytämnestra und Kassandra ein, wobei der Blick auch mal auf das Schicksal vieler anderer Frauen in Troja, aber auch in Griechenland gelenkt wird.
Insgesamt hat es mir gefallen, vor allem wegen der komplett neuen Sicht auf die um den trojanischen Krieg, auch wenn es sich stellenweise gezogen hat und es lohnt sich auf jeden Fall dem Buch eine Chance zu geben, besonders wenn man sich für griechische Mythologie und / oder feministische Ansätze zu altbekannten Geschichten begeistern kann.