Elsas Küche

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cellissima Avatar

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Elsa, eine Frau in fortgeschrittenerem Alter, ist Köchin. Und zwar eine Meisterköchin, da ist sie sich ganz sicher!
Sie hat ein eigenes Restaurant, "Die Tulpe", mit gehobener Küche, welches die beste Adresse in der ungarischen Stadt Délibáb ist.
Elsa liebt das Kochen und ihr Restaurant, hat keine Geldsorgen, ist allseits beliebt und angesehen, wird von ihren Gästen verehrt.
Privat hat sie jedoch weniger Glück. Ihren Ex-Mann hat sie vor Jahren, fast schon Jahrzehnten, verlassen, weil er Kinder wollte. Nun entdeckt sie durch Zufall sein Foto, sieht, dass er inzwischen glücklich verheiratet ist und Kinder hat. Das verletzt Elsa.
Sie tröstet sich mit ihrem viel jüngeren Küchenchef. Es beginnt mit einer Affäre, mit Spaß, mit Sex. Für Elsa soll es dabei bleiben, sie mag es eher unverbindlich - doch der Küchenchef hat sich ernsthaft in Elsa verliebt, will sein Leben mit ihr verbringen. Er macht ihr mehrere Heiratsanträge, doch Elsa lehnt sie allesamt ab. Sie ahnt, dass er sie bald verlassen wird, glaubt, dass ihr das nichts ausmache.
Nach einem neuerlichen Korb durch Elsa kommt es tatsächlich zu Streit und Trennung.
Elsa wird unzufrieden, strebt nach Höherem, sucht eine neue Aufgabe und Ablenkung.
Bald weiß sie, was sie wirklich will: die "Silberne Suppenkelle", eine der höchsten Auszeichnungen der ungarischen Gastronomie.
Mit Hochdruck arbeitet sie an der Kreation eines Gerichtes, das typisch ungarisch und dabei doch der Haute Cuisine würdig ist, und bereitet auch sonst alles für den Besuch des als hart, anspruchsvoll und unberechenbar bekannten Kritikers vor.
Doch das ist gar nicht so einfach, wenn man sich selbst im Weg steht, der Ex-Geliebte im eigenen Restaurant immer mehr mit der Chef-Konditorin anbandelt, man allabendlich von Roma-Kindern belagert wird und schon im Vorfeld jede Menge Stress mit diesem Kritiker hat ...
Meine Meinung
"Elsas Küche" ist ein wunderschönes, stimmiges Buch.
Das Cover ist schön aufgemacht, in warmen Farben gehalten. Im Mittelpunkt steht die Paprika, die den Bezug zu dem wesentlichen Element der Geschichte, dem Kochen und Essen, herstellt und in kulinarischer Hinsicht DAS Symbol Ungarns ist.
"Elsas Küche" ist ein Roman zum Genießen und Wohlfühlen. Auf 258 Seiten kann man völlig in Elsas Welt eintauchen, nach Ungarn reisen, in ihrem Restaurant stehen, die Düfte ihrer Gerichte einatmen und bei den Vorbereitungen auf den Kritiker-Besuch mitfiebern.
Marc Fittens Schreib- und Erzählstil ist von schlichter Schönheit. Er schreibt keineswegs anspruchslos, und doch kann man sich völlig von den Sätzen treiben lassen, lesen sie sich beinahe von alleine.
Die Charaktere sind dem Leser sofort nahe, die Geschichte ist authentisch.
Ich liebe Romane, bei denen das Kochen und Essen im Mittelpunkt steht, und so hat mir "Elsas Küche" sehr gut gefallen. Es erinnert mich sehr an "Mein hungriges Herz" von Agnès Desarthe, ein Buch, das ich ebenfalls liebe - nicht abgeschrieben, aber doch sehr ähnlich und genauso schön!
Das Buch lässt sich in meinen Augen schwer einem bestimmten Genre zuordnen ... ich würde es am ehesten ein wenig pauschal unter zeitgenössische Literatur verorten. Der Klappentext geht hier ein wenig fehl, wenn er behauptet, dass es sich um eine frivole Komödie um Ehrgeiz und Liebe, Gier und Bescheidenheit handele.
Richtig ist, dass es neben dem kulinarischen Element hauptsächlich darum geht. Es mag auch an manchen Stellen ein bisschen frivol sein. Allerdings würde ich nicht sagen, dass es sich bei "Elsas Küche" um eine Komödie handelt. Diesen Eindruck hatte ich allenfalls gelegentlich ganz kurz. Tatsächlich geht es um ganz andere Dinge, Aspekte und Stimmungen. Es geht um verlorene Lieben, falschen Ehrgeiz, Unzufriedenheit, Gier, Tränen und Traurigkeit, darum, dass man mit dem, was man hat, zufrieden sein sollte, was Glück wirklich bedeutet ... für mich überwiegt das. Das Buch macht traurig, nachdenklich, gibt einem Denkanstöße, man nimmt als Leser viel aus der Lektüre mit.
Ich persönlich finde es keineswegs negativ, sondern eher reizvoll und in diesem Fall keineswegs schädlich, dass das Buch Elemente mehrere Genres in sich vereint - aber man sollte keine reine Komödie erwarten, das ist es definitiv nicht.
Ich habe einzig zu bemängeln, dass ich mir bei einem Roman, der in Ungarn spielt, gewünscht hätte, noch viel mehr über Land, Leute und die ungarische Küche zu erfahren. Diesbezüglich wurde leider nur sehr zart an der Oberfläche gekratzt.
Fazit
Ein wunderschöner Roman über das Kochen, gutes Essen, Liebe, Trennung, Traurigkeit, Gier, Scheitern, wahres Glück.
Ein Buch zum Genießen und Wohlfühlen. Obwohl es so nachdenklich macht und man nicht die versprochene Komödie bekommen hat, liebt man dieses Buch, bleibt mit einem schönen Gefühl zurück.
Ein Buch, das glücklich macht - abends nach einem langen und anstrengenden Tag, am Wochenende, wenn man es sich mit Wolldecke, Tee oder Kakao und Keksen auf der Couch gemütlich machen kann ... immer und überall!