unappetitlich und langweilig

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“Das verratene Herz” ist der erste Teil von Beril Kehribars Trilogie “Empire of sins and souls”, die beim Droemer-Knaur Verlag erscheint. Vielen Dank an den Verlag und das Team bei Vorablesen für das Rezensionsexemplar - meine Meinung bleibt natürlich meine eigene.

Angesprochen hat mich vor der Lektüre einerseits das angekündigte Setting - die Vorhölle -, andererseits die Aussicht auf einen spannungsgeladenen Plot, sowie eine clevere, zumindest aber gewiefte Protagonistin. Ums gleich vorweg zu nehmen: In allen Punkten wurde ich enttäuscht.

Die ersten Kapitel spielen noch in der irdischen Welt - was auch immer das heissen mag. Denn so richtig schlau wurde ich aus dem Worldbuilding nicht. Handelt es sich bei diesen französisch klingenden Orten um unsere Welt? Eine alternative Vergangenheit? Eine eigene Welt? Das bleibt alles so oberflächlich und vage, dass ich mir kaum ein Bild machen konnte. Auch das Glaubenssystem, das an die bekannten abrahamitischen Religionen erinnert, bleibt weitgehend unergründet. Was das griechisch angestrichene Intermezzo im Himmel genau sollte, blieb für mich bis zum Schluss unergründlich.
Die Vorhölle - Xhantia - erhält dagegen etwas mehr Substanz, die im Verlauf der Handlung allmählich aufgedeckt wird. Den Namen nach russisch/slawisch inspiriert, ist Xanthia, nett ausgedrückt, ein unappetitlicher Ort: Sklavenhaltung, Folter, Misshandlungen. Dazu dann eine gute Portion Lust und Sex. Zusammen mit den spitzzähnigen, blutsaugenden Xhatyr Folterknechten hatte ich den Eindruck, eine Art SM-Vampirhorror-Porno mit Weichspüler zu lesen. Trotz der übermässigen Gewalt und der grenzwertig abstossenden Spiciness (sagt man das so?) liess mich das Gelesene einigermassen unberührt. Vielleicht ist’s das Übermass oder der eher technisch bis nüchtern anmutende Schreibstil, die hölzernen Dialoge. Wieso Weichspüler? Weil die fiesen Folterknechte nebst ihrer blutdürstigen Natur und ihrem Hang zum Sadismus dann eben doch ganz nett sind. So auf rein persönlicher Ebene - morally grey eben? Meins ist’s jedenfalls nicht.

Einen Plot gibt es. Allerdings scheint der mehr als Alibi nebenher zu existieren. Denn das Hauptaugenmerk des Buches liegt eindeutig auf dem Gedanken- und Emotionskarussell der Protagonistin. Es geht hier weniger um die Geschichte, als um die Person. Karussell ist dabei übrigens wörtlich gemeint: Zoés Gedanken drehen sich im Kreis und kehren beständig wieder - und beinhalten leider kaum mal einen analytischen, geistreichen oder progressiven Aspekt. Das devot-abhängige Gefühlschaos mit zwischenzeitlich hitzig-trotzigen Ausbrüchen, das der Protagonistin im Angesicht des attraktiven Grafen (ein hübsches Gesicht, ein paar nette Worte und ein hübsches Kleid sollten ja auch genügen, sich nach dem eigenen Tod Hals über Kopf zu verlieben) die Sinne vernebelt, fand ich persönlich nur schwer auszuhalten. Bezogen auf den Plot bleibt Zoé ausserdem passiv, ergreift kaum die Initiative und ist allgemein eher Opfer und Spielball der Umstände und ihrer Achterbahn fahrenden Gefühle.

Hier ist der Funke definitiv nicht übergesprungen - er war noch nicht mal am Horizont zu erblicken. Das Worldbuilding war für mich einigermassen abstossend, die Protagonistin ermüdend, die zwischenmenschlichen Beziehungen zu melodramatisch, der Plot und der Schreibstil langweilig. Auf die Fortsetzung werde ich dann verzichten.