Grotesk anmutender Spitzentitel

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
danib83 Avatar

Von

Obwohl ich normalerweise nicht so oft Hörbücher zur Hand nehme, sondern lieber zum Buch greife, fand das Werk von Ronja von Rönne dennoch Platz auf meinem Smartphone und ich hörte, während ich Einschlafbegleitung machte, selbst im Bett lag oder die Wäsche zusammenlegte. Gleich vorweg möchte ich sagen, dass mir besonders die Autorinnenlesung, die Stimme, die Atmosphäre, die Tonlage und überhaupt der Plot außerordentlich gut gefallen hat. Die Schnecke mit Discokugel am Cover, gemeinsam mit dem Titel, weckte schon vor Beginn des Hörerlebnisses meine Aufmerksamkeit. Dabei vereinen sich die beiden Protagonistinnen Juli (15 Jahre alt) und Hella Licht (ehemalige Schlagersängerin Ü60), denn für Juli sind Schneckenhäuser seit Beginn ihrer eigenen Gedanken ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens, das sie von einer viel zu niedrigen Autobahnbrücke aus beenden möchte. Sie trifft dabei wortwörtlich auf die ältere, manchmal hysterische Hella (deren größter Hit ‚Ende in Sicht‘ hieß), die gerade auf dem Weg in einer Schweizer Sterbehospiz ist. Hella, die selbst nie Kinder hatte, weil sie sich nicht um jemanden kümmern wollte, nimmt sich der 15-jährigen Juli an und wird quasi ihre Schutzbefohlene.

Ein etwas stiller, manchmal grotesk anmutender Roadtrip beginnt für die beiden so unterschiedlichen Frauen, die aber das selbe Ziel haben: dem Leben ein Ende zu bereiten.

Ronja von Rönne spricht dieses Buch wahnsinnig gut ein, es gleicht einer Lesung, bei der man die Autorin nicht sieht, aber irgendwie doch voll dabei ist. Sie ahmt Dialekte nach, wechselt die Tonlagen, spricht manchmal etwas hastig, was zur Geschwindigkeit des Geschehens passt. Am Ende des Hörbuches wird dann noch das Gedicht „Ende in Sicht“ vorgetragen, was ganz besonders gut klingt, wenn man es von der Autorin selbst hört. Eine klare Hörempfehlung, aber natürlich auch eine Leseempfehlung – der Roman ist großartig!