Perfekt!

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laberladen Avatar

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Ungekürzte Lesung
Laufzeit 13 Stunden 04 Minuten
gesprochen von Nina Kunzendorf

Darum geht’s:

Früher war Jenny Aaron Teil einer Berliner Sondereinheit, doch nachdem ein Einsatz in Barcelona gehörig schief gegangen und sie erblindet ist, arbeitet sie nun als Profilerin beim BKA in Wiesbaden. Der Mord an einer Gefängnispsychologin in der Berliner JVA führt sie aber zurück in die Hauptstadt, denn der Täter will nur mit Jenny Aaron reden. Der vermeintlich klare Fall entpuppt sich schnell als eine sehr persönliche Angelegenheit für Jenny, denn sie hat nicht nur mit ihren früheren Kollegen, unter ihnen Exfreund Niko, zu tun, sondern der Drahtzieher im Hintergrund der Ereignisse ist eng mit Jennys Vergangenheit verflochten und bringt Dinge wieder hoch, die sie am liebsten vergessen möchte.

So fand ich’s:

Jenny ist eine tolle Protagonistin! Obwohl sie mit dem nicht gerade kleinen Handicap zu kämpfen hat, komplett blind zu sein, lässt sie sich davon nicht unterkriegen. Sie war schon immer enorm ehrgeizig und hat nach ihrer Erblindung ihre ganze Energie dafür aufgewendet, das verlorene Augenlicht soweit wie möglich auszugleichen. Wie sie es schafft, sich zu orientieren und Dinge zu tun, die man als Sehender im ersten Moment für unmöglich hält, hat mich beeindruckt. Denn sie wahrt zwar vielen Personen gegenüber ein Pokerface und verrät nicht, wie sie es schafft, so viel aus ihrer Umgebung mitzubekommen, aber als Leser darf man direkt daran teilhaben, was sie hört, riecht und erspürt, wie lange sie für bestimmte Dinge üben musste und welche Sinne sie intensiv einsetzt, um aus ihrer Beeinträchtigung sogar manchmal einen Vorteil zu erschaffen.

Jenny ist eine taffe Person, die vor gefährlichen Situationen nicht zurückschreckt. Und ihre Erblindung hat daran nichts geändert. So begibt sie sich mutig immer mitten in die Gefahrenzone und wir Leser bekommen jede Menge teils abenteuerliche Action mit, die einem sehenden Serienhelden auch jede Ehre gemacht hätte. Für manchen mag das übertrieben wirken, aber ich lese gerne Bücher und sehe gerne Filme mit etwas wilderer Action und ich kam hier voll und ganz auf meine Kosten.

Der anfangs ziemlich eindeutig scheinende Mordfall, zu dem Jenny dazu gerufen wird, entwickelt schnell ein Eigenleben und wird immer persönlicher für sie. In ausführlichen Rückblicken erfahren wir Dinge aus ihrer Vergangenheit und entdecken immer mehr Verflechtungen in die Gegenwart. Dass Jenny sich selbst nicht immer ganz klar erinnert und ihre bruchstückhaften Eindrücke in wirren Träumen verarbeitet, muss man einfach stehen lassen, denn genauso wie Jenny bekommen wir keine Erklärung geliefert, sondern müssen warten, bis das Bild sich klärt. Das war weder zu kompliziert noch langweilig, sondern für meinen Geschmack genau perfekt erzählt, um einen ständig bei der Stange zu halten und mit neuen Verwicklungen zu verblüffen.

Dazu kommen noch ein paar Nebenfiguren mit größeren und auch wichtigen Rollen, die für sich alleine schon super interessant waren, weil das durchweg Ausnahmepolizisten oder Ausnahmeverbrecher sind, die mit Fähigkeiten aufwarten, die man sich als Otto Normalmensch gar nicht vorstellen kann. Es weht ein Hauch von Superman bzw. Superwoman durch’s Buch und auch wenn selbst diese perfekten Helden immer mal scheitern, kommt es einem so vor, als bekäme man Einblicke in eine ganz andere und ganz eigene Welt. In dieser gibt es besondere Spielregeln und einen Ehrenkodex, der große Bedeutung hat, und in der z. B Jenny grundsätzlich nur „Aaron“ ist, weil man nur ernst genommen wird, wenn man beim Nachnamen gerufen wird.

„Endgültig“ erschöpft sich aber nicht in oberflächlicher Action und Heldenromantik, sondern hat auch eine ernste Facette. Einmal natürlich dadurch, dass Jennys Leben als Blinde beleuchtet wird, aber auch weil so einige Handelnde ihre Ängste und so manche Schuld mit sich herumschleppen. Nicht nur Jenny hat ihre (fernöstliche) Philosophie, nach der sie lebt und es gibt mehr als ein melancholisches und tiefgründiges Gespräch über essentielle Dinge des Lebens.

Sprachlich ist das Buch für einen Thriller eher anspruchsvoll und komplex und in der Hörbuchversion musste man immer dran bleiben, um nicht wichtige Details zu verpassen, mit denen das Buch gespickt ist. Nina Kunzendorf findet für meinen Geschmack den perfekten Ton für „Endgültig“ und erzählt cool und unaufgeregt, aber mit genug Spannung in der Stimme, sobald es Schlag auf Schlag actionreicher wird.

Für mich passen Erzählstil, Handlung, Charaktere und die Sprecherin genau perfekt zusammen und weil mein Geschmack auf den Punkt getroffen wurde, habe ich jede Minute des Hörbuches genossen und freue mich schon auf die Fortsetzung.