Reise in die Vergangenheit

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Es kann einfach nicht geradlinig verlaufen. Alex Schulman kann scheinbar keine chronologische Geschichte erzählen. Ist ja auch nicht schlimm. Denn in seinem Roman „Die Überlenden“ (2021 auf Deutsch erschienen) alternieren zwei Zeitachsen mit denselben Protagonisten andauernd, die eine chronologisch, die andere antichronologisch erzählt. Auch in „Verbrenn all meine Briefe“ (2022) spinnt sich eine Dreiecksbeziehung über mehrere Zeitebenen. Und nun in „Endstation Malma“ öffnet Schulman drei Erzählstränge, die sich scheinbar alle im gleichen Zug abspielen. Denkt man zumindest. Hier ein kleiner Spoiler, den der Klappentext nicht verrät, jedoch die Handlung nach nur drei Kapiteln offenbart: Die Charaktere befinden sich zwar auf der gleichen Zugstrecke, aber in unterschiedlichen Jahrzehnten. Und das gewitzte: Sie sind alle miteinander verwandt.

Schulman wagt es, eine kleine, feinfühlige Familiengeschichte aus drei Perspektiven zu erzählen, in denen er sich als Autor nicht verliert. Eine Jahreszahl hinter den Kapitelnummern hätte das Erkennen des Zeitstrangs einfacher gemacht, denn gewisse Namen werden ständig in jedem Kapitel erwähnt. Und durch die Tatsache, dass der Leser viel mehr in die Vergangenheit eintaucht als der Zugfahrt beizuwohnen, macht das Einordnen der Personen in die Handlung nicht einfach.

Noch immer Frage ich mich: Wieso wurde die Geschichte nicht in einer chronologischen Gesamthandlung erzählt? Momentan lautet die Antwort wohl: Weil Alex Schulman es kann. Kunstvoll verwebt er die einzelnen Stränge, gibt nicht zu viel preis, aber streut gewisse Informationen an den richtigen Stellen, sodass die Leser es vor den Charakteren wissen. Innerhalb der Kapitel hätte ein einfacher „Strich“ zwischen den Absätzen geholfen Vergangenheit von der Gegenwart zu trennen. Dennoch merkt man dem Buch die Mühe und das Können an.

„Endstation Malma“ ist eine schnelle, unterhaltende Lektüre und ein Griff ins Belletristik-Regal, der sich lohnt. Allein schon wegen des fantastischen Covers, das sich von den deutschen Vorgängern deutlich abhebt.