Ein finsterer Pfad der Hoffnungslosigkeit

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r.e.r. Avatar

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Die Psychologin Gabrielle Fox ist nach einem Autounfall von der Taille abwärts gelähmt. Entgegen dem Rat ihrer Ärzte nimmt sie eine Stelle im Oxsmith Adolescent Secure Psychiatric Hospital an, dem Heim der hundert gefährlichsten Kinder Großbritanniens. Als Patientin wird ihr die sechzehnjährige Bethany Krall zugewiesen, die ihre Mutter brutal erstochen hat. Diese schweigt über das Motiv der Tat und gilt als äußerst gefährlich und aggressiv. Gabrielle findet zunächst keinen Zugang zu ihrer extremen Klientin, die jedes Gespräch verweigert und lediglich Naturkatastrophen ankündigt. Gabrielle nimmt diese Vorhersagen nicht ernst, bis eine von ihrem Schützling vorhergesagte Flutwelle tatsächlich auf den Tag genau Brasilien trifft.

 

Den Ausgangspunkt der Geschichte ist die veränderte Lebenssituation der Psychologin, die auch als Ich-Erzählerin fungiert. Der Autounfall wurde zwar von ihrem Freund Alex verursacht, war jedoch von ihr verschuldet. Ihr Freund starb, sie überlebte schwer verletzt. Schuld und Behinderung vergiften ihr Leben, weshalb sie sich von Freunden und Familie abwendet und den gefährlichen Job in der Psychoklinik annimmt. Ihr Ton wechselt zwischen Frustration, Depression und Selbstironie. Ihre langen gedanklichen Selbstgespräche (sie philosophiert beispielsweise auf mehreren Seiten über ein Bild der Malerin Frida Kahlo) ermüden und passen nicht recht zur Thematik des Thrillers.

 

Hinzu kommt die Geschichte von Bethany. Die Tochter eines Predigers der “Glaubenswelle” hat unzählige Male mit einem Schraubenzieher auf ihre Mutter eingestochen und diesen schließlich im Auge der Toten stecken lassen. Nach der Tat wurde sie in verschiedenen Einrichtungen behandelt, unternahm mehrere Selbstmordversuche und verweigerte schließlich jegliche Nahrung. Um sie vor dem Tod zu bewahren und wieder zum essen zu animieren erhielt sie Elektroschocks. Seit dieser Art der Behandlung hat sie Visionen über bevorstehende Naturkatastrophen. Was hier zusammengefasst spannend klingt, liest sich leider keineswegs so.

 

Das liegt zum einen am sehr langsamen Erzähltempo der Autorin und an der einseitigen Perspektive. Immer wieder schweift die Ich-Erzählerin vom eigentlichen Kern des Geschehens ab. Ist man gerade vom dramatischen Hintergrund des jungen Mädchens gefangen, kommt wieder einige Seiten lang der Alltag von Gabrielle mit endlosen Monologen zu ihrem seelischen und körperlichen Befinden, wo doch eigentlich eher das Schicksal Bethanys interessieren würde.

 

Als sich eine Vorahnung Bethanys bewahrheitet fragt Gabrielle den Physiker Frazer Melville um Rat. Der Forscher nimmt die Prognosen ernst und versucht Kollegen von der Ernsthaftigkeit der Situation zu überzeugen. Zugleich tritt die vorherige Therapeutin, Joy McConey an Gabrielle heran und behauptet Bethany könne die Katastrophen nicht nur vorhersehen, sie verursache diese.

 

Selbst durch diese aufregenden Wendungen nimmt die Geschichte nicht an Fahrt auf. Das Tempo bleibt behäbig, die Handlung auch. Die Autorin entwickelt eine komplizierte Liebesgeschichte zwischen Gabrielle und Frazer, die an sich sehr interessant ist. Geht es doch um die Problematik einer sexuellen Beziehung zwischen einer körperlich behinderten Frau und einem gesunden Mann. Allerdings leidet darunter der Rest, denn es handelt sich ja um einen Thriller und nicht um einen Liebesroman.

 

Der sprachliche Stil des Romanes ist zwar intelligent, beschwört aber eine düstere Stimmung herauf, die sich wie eine dunkle Haut auf die Seiten legt. Ein finsterer Pfad der Hoffnungslosigkeit mündet in ein Weltuntergangsszenario das dem Titel “Endzeit” entspricht und durch und durch deprimiert.