Endzeit - sie hat bessere

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lillibaer Avatar

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Nachdem ich hier die LP von Endzeit gelesen hatte und ganz begeistert war, habe ich mir gleich weitere Bücher von Liz Jensen gekauft und "Das 9. Leben des Louis Drax" innerhalb von wenigen Tagen verschlungen. Umso mehr freute ich mich auf mein gewonnenes Exemplar. Wurde aber etwas enttäuscht. Sie versucht hier zuviele Themen miteinanderverknüpft zu behandeln: religiöser Wahn, Weltuntergang durch  Meeresbeben und Tsunami (bei den Ereignissen in Japan gerade brandaktuell),  Kindesmisshandlung, das Leben und die Behandlung eines Kindes in einer Psychiatrie, Hellsichtigkeit durch Elektroschocktherapie (wird das wirklich heute noch angewand?), psychologische Aspekte, Kunsttherapie, Veränderungen durch ein Leben im Rollstuhl durch Unfall, eine Liebesgeschichte. Gefreut hatte ich mich auf einen sehr psychologischen Roman. Begeistert bin ich davon -ich sitze selbst zeitweies im Rolli - zu lesen wie die Protagonistin ihr neues Leben im Rolli meistert, welche Probleme ihr begegnen, um die sich gesunde, laufende Menschen gar keine Gedanken machen müssen, wie sie sich damit auseinandersetzt, aber leider geht auch hier einiges sehr an der Realität vor: wie wuchtet diese Frau eigentlich ständig einen Rolli mal eben auf den Beifahrersitz, das ist unmöglich!. Die Psychotherapie und Hintergründe von Bethany treten zu Lasten des Endzeit-Dramas in den Hintergrund. Durch die ersten ca. 60 Seiten musste ich mich kämpfen, denn seitenlange Abhandlungen über irgendwelche abgehobenen Gedanken langweilten mich sehr. Wenn schon Klimaroman, dann hätte ich mir irgendwie auch mehr sachlich fundierte Info zu dem Thema vorgestellt, statt Theorien über Theorien. Aber wie die Autorin schon  selbst in ihrem Nachwort schreibt, ist das beschriebene Szenario eine Utopie wie sie nicht entstehen kann (spontane Klimaerwärmung). In Anbedacht der Ereignisse in Japan und der Klimasituation z.Zt. auf der Welt finde ich die Gegenwart und Zukunft schon erschreckend genug, da muss man nicht noch das Ganze wirklichkeitsfremd überzeichnen.  Der Roman ist in Ich-Form geschrieben, aus der Sicht von Gabrielle Fox, die mir sehr sympathisch war. Bethany Kroll, ihre Patientin, hat ihre Mutter erstochen, warum erfährt man nahezu nebenbei. Jensen hat hier sehr subtil und klasse mit den Gefühlen des Lesers gespielt. Zuerst denkt man: eine Irre die ihre Mutter erstochen hat und später das Mitgefühl und Verständnis für ein extrem misshandeltes Kind und statt dem ersten Mitgefühl für die Eltern später die Wut auf derart verpeilte, religiös fanatisch kranke Menschen. Sicherlich war es wichtig seitenlang Bibelzitate und die Auslegung und Gedanken durch die Sekte (?), deren Führer Betahnys Vater ist, darzustellen, hat mich aber genervt und ich habe diese Seiten dann überflogen. Die Liebesgeschichte mit Frazer empfinde ich als jenseits der Realität. Eine Frau im Rolli und ein gesunder Mann finden nicht mal eben zusammen und ganz bestimmt habe ich keinen Sex, wenn ich nix fühle. Da bekommt doch jede emazipierte Frau einen Wutanfall. 

Fazit: ich bin froh es endlich zuende gelesen zu haben. Ein überfrachter ziemlich an der Realität aller verschiedenen Handlungsstränge vorbei beschrieber Roman