Brisanter Fall solide verpackt

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Mit „Erbarmen“ legt Jussi Adler-Olsen einen soliden, gut konstruierten Thriller vor, der sich für meinen Geschmack positiv von den den Markt überschwemmenden Krimis / Thrillern abhebt.

Nach der Leseprobe auf vorablesen.de war ich zunächst nicht wirklich überzeugt, das Buch lesen zu wollen. Letzten Endes haben mich die Kurzbeschreibung des Buches und die vielen guten Rezensionen dann doch zum Kauf veranlasst, war ich doch sehr interessiert, was sich hinter dem ominösen Verschwinden der Politikerin Merete Lynggaard verbirgt.

Die Idee von Adler-Olsen, ein Sonderdezernat Q einzurichten, dass sich mit alten, ungeklärten Fällen beschäftigt, gefällt mir gut und ist auch nicht alltäglich. Der zunächst recht kauzig anmutende „Spezialermittler“ Carl Mørck wurde mir im Laufe des Buches immer sympathischer und in seiner Figur steckt – auch aufgrund seiner Vergangenheit – ausreichend Potential für (die bereits geplanten) weitere(n) Bände. Der ihm zur Seite gestellte Syrer Hafez el-Assad ist nicht minder sympathisch und die beiden brachten mich in ihrer zunächst unfreiwilligen Zusammenarbeit häufig zum Schmunzeln. Aus den beiden kann sich ein sehr gutes Ermittlerpaar entwickeln. Darüber hinaus bin ich neugierig, ob der Leser in den Folgebänden noch mehr Informationen über die Herkunft Assads erfährt, bleibt diese doch im ersten Fall noch geheimnisvoll, aber dabei sehr vielversprechend.

Die Geschichte um die Entführung und jahrelange Peinigung und Gefangenschaft von Merete Lynggaard ist gut konstruiert und wird in ihrer Intensität und Brutalität sehr gut durch Adler-Olsen beschrieben. Gänsehautfeeling pur!
Das frühe Bekanntwerden des (für mich bis dato nicht zu ahnenden) Täters finde ich ein wenig schade, nimmt es dem Roman doch recht früh einen Großteil der Spannung. Das darauf folgende Finale hätte für meinen Geschmack daher auch ein wenig kürzer ausfallen können, beispielsweise zugunsten einer späteren Enthüllung des Täters.

Der breit angelegte Epilog hat mich dann wieder versöhnt, findet „Erbarmen“ doch hier ein „rundes“ Ende, offene Fragen werden beantwortet und es wird ein Ausblick auf die Zukunft gewährt.

Sprache und des Stil des Autors passen zu der Geschichte. Der Roman war sehr angenehm und flüssig zu lesen. Auch der Titel und das Cover finde ich ansprechend und zu dem gesamten Werk passend.

Einziger Kritikpunkt ist für mich das Buchformat als solches. Für meinen Geschmack hätte es keine „dtv premium“-Ausgabe sein müssen. Das „überdimensionale“, teilweise recht unhandliche Taschenbuchformat gefällt mir nicht wirklich und „leidensfähiger“ als ein Taschenbuch ist meine Ausgabe leider auch nicht gewesen. Eine normale Taschenbuchausgabe und 2/3 des Preises hätte ich auch angemessen gefunden. Mir gefällt die klassische Einteilung in gebundene Ausgaben und Taschenbücher immer noch am Besten, kann doch so jeder nach Geldbeutel und Leseort (z.B. daheim mit einer gebundenen Ausgabe, unterwegs lieber das praktische Taschenbuch) individuell entscheiden, welches Format er bevorzugt. Die Gründe der Verlage, mehr und mehr „Zwischenformate“ zu mittleren Preisen herauszugeben, haben sich mir leider noch nicht erschlossen.

Fazit: Trotz kleiner Schwächen hinsichtlich des Finales hat mir „Erbarmen“ sehr gut gefallen und insbesondere aufgrund der sympathischen Protagonisten werde ich den zweiten Teil auf jeden Fall lesen.