Endometriose & toxisches Verhalten

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
luisabella Avatar

Von

»Du hast dir bislang nicht erlaubt, darüber nachzudenken, was mit eurer Beziehung geschehen mag, wenn ihr älter werdet. Du würdest gern glauben, dass sich nichts ändern wird oder dass die Dinge sich so ändern, wie du es gern hättest, aber dir ist bewusst, dass Variablen, die außerhalb eurer Kontrolle liegen, euch auseinanderreißen werden. Ganz gleich, was aus euch beiden wird, Ella wird es gut gehen.« (S. 44)

In »ERDBEEREN 🍓 & ZIGARETTENQUALM 🚬 « verarbeitet die Autorin Madeline Docherty ihre eigenen Erfahrungen mit Endometriose und Coming-of-Age aka dem Frausein / Frau werden. Ich weiß nicht, wie viel von der Story autobiografisch / autofiktional ist. So oder so finde ich die Story sehr wenig reflektierend von der Protagonistin und mir fehlt die deepere Message, auch wenn ich das Ziel, Endometriose literarisch zu verarbeiten und Visability zu geben, sehr verstehen kann. Ja, wir sollten dringend alle mehr über Endometriose reden und allgemein chronische Krankheiten vom Schweigen befreien.

Abgesehen davon, finde ich die Story sehr schwierig. Ja, es geht hier auch um Queer-Awakening, Queerness, Friendship. Aaaaber: Can we please call it by its name? Es geht hier nicht ‚nur‘ um eine tiefe Freundinnenschaft, sondern darum, dass Ella und die namenlose aus der 2.Person-POV-erzählerende Frau eine Beziehung haben, die sich mindestens eine davon nie eingestehen will und, die absolut toxisch ist.

»Und du schaust Ella an und denkst: Sie war die schönste Frau auf der Party, auf jeder Party, überall.« (S. 15)

Aus meiner Sicht wird das hier sehr verklärt und ebenso der Konsum von Drogen und Alkohol. Ja, es ist krass mit einer chronischen Erkrankung zu leben, die jahrelang unerkannt bleibt und einen vor Schmerzen alles andere vergessen lässt. Dennoch kann mensch sich professionelle Hilfe suchen (again: I know - it’s a hard and long way) und es gibt keine Begründung dafür, einen anderen Menschen so auszunutzen und seine eigenen Traumata und ggf. auch Neurodiversität (keine Gefühle an sich selbst erkennen zu können und dafür eine andere Person zu brauchen, die diese benennen kann, ist auf jeden Fall eine Red Flag 🚩) nicht aufzuarbeiten. Ja, es gab Teile der Story, die ich gut geschrieben fand, mainly die Darstellung von Endometriose. Aber mindestens genauso oft, war etwas nicht auserzählt; Drogenkonsum zu sehr verklärt und quasi 0 Reflexion, wie verletzend das eigene Verhalten für andere Personen sein kann, mit denen mensch in Interaktion und das meint hier meist auch direkt sexuelle Interaktion tritt. Der Mix aus Themen wurde hier nicht gut genutzt, obwohl es vielversprechend gewesen wäre (Endometriose, Coming-of-Age, Queerness, Abtreibung (allein hier könnte ich über die unreflektierende Ego-Story schon wieder Kritikpunkte nennen), Neurodiversität).

Mich konnte dieses Debüt nicht erreichen. Vielleicht liegt es an mir? Vielleicht liegt es daran, dass ich diesen übermäßigen & unkritischen Drogenkonsum in Büchern nicht mehr lesen will? Vielleicht liegt es daran, dass dieses un-aufgebarbeitete Themen Dropping mich überhaupt nicht abholen konnte? Für mich war das mit diesem Buch — trotz des tollen Covers — kein Match. At least, more 🍓 and less 🚬 wäre nice gewesen.