Die Suche nach Wahrheit

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nerwen Avatar

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„Erinnerungen aus Glas“ wird aus der Sicht verschiedener Personen auf zwei Zeitebenen erzählt.
Zum einen sind da Josie und Eliese – zwei Freundinnen während der Zeit des zweiten Weltkriegs in den von den Nazis besetzten Niederlanden. Beide leben in Amsterdam. Eliese ist jüdischen Glaubens und als Kind gemeinsam mit ihrem Vater von Deutschland in die Niederlande gekommen. Ihr Vater ist Bankier und hofft durch Investitionen in deutsche Firmen, sich und seine Tochter zu schützen. Eliese arbeitet in der Hollandschen Schouwburg, einem ehemaligen Theater, das als Sammel- und Registrierungsstelle für Juden aus Amsterdam dient bevor sie weiter deportiert werden. Josie arbeitet in einer Kinderkrippe auf der anderen Straßenseite. Beide können das Unrecht, das geschieht, nicht ertragen.
Auf der anderen Seite begleitet das Buch Ava, eine junge Frau Ende 20, die in der heutigen Zeit in den USA lebt. Sie hat nach dem Tod ihrer Mutter und ihres Bruders erfahren, dass sie zu einer reichen Unternehmerfamilie gehört. Abgesehen von der Großmutter wird sie von ihrer Familie abgelehnt. Sie arbeitet in der zum Familienunternehmen gehörenden Stiftung. In deren Auftrag recherchiert sie die Hintergründe von gemeinnützigen Organisationen, die sich für eine Förderung bewerben. Eine Recherche führt sich nach Uganda und auf die Suche nach der Vergangenheit ihrer eigenen Familie und des Zwists und Zwiespalts, die in ihr herrschen.

Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht der Protagonisten erzählt. Mehr und mehr fügen sich die beiden Erzählstränge zusammen. Manche Zusammenhänge vermutet man recht schnell, was das Lesevergnügen in meinem Fall aber nicht getrübt hat. Am Ende setzt sich das Puzzle vollständig zusammen. Die Sprache ist ruhig und hält die Spannung zwischen den Erzählsträngen aufrecht.
Ich habe das Buch in kürzester Zeit gelesen. Der Aufbau der Erzählung und der Wechsel der Perspektiven haben mich das Buch kaum aus der Hand legen lassen.

Das Thema der Buchs ist keine leichte Kost. Die Geschichte ist eingebettet in reale Ereignisse während des Naziregimes und des Holocaust. Die Erzählung ist daher stellenweise schockierend und sehr berührend. Sie handelt von Heldinnen und Helden, zeigt aber auch die Grausamkeit dieser Zeit. Man begleitet die Protagonisten auf ihrer Suche nach Wahrheit, die verstehen lässt, warum manche Dinge so sind wie sie sind. Es geht aber auch um Scham und die Suche nach Vergebung, um den Glauben und um Mut.

Ich finde es ist eine wichtige Geschichte, die in diesem Buch erzählt wird. Auch wenn die Geschichte der Protagonisten Fiktion ist, sind es die historischen Hintergründe nicht. Wir sind heute nicht für das verantwortlich, was damals geschehen ist. Geschichte lässt sich rückblickend nicht umschreiben. Daher sollte es uns eine Mahnung sein, es nie wieder so weit kommen zu lassen.