Eine Welt, die ins Wanken gerät

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lillywunder Avatar

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Ein Buch, das ich an einem einzigen Tag komplett verschlungen habe. Percival Everett schreibt so lebhaft, so aufregend, dass es mir fast nicht möglich war, dieses Buch aus der Hand zu legen.

Dabei ist das Leben des Erzählers, des Paläontologen Zach Wells, bis jetzt in ruhigen Bahnen verlaufen. Er hat einen guten Job, eine tolle Frau, eine bezaubernde Tochter, ein geregeltes Leben. Glücklich macht ihn all das nicht gerade, aber doch hinreichend zufrieden und so hält er sich fern von den großen Idealen und arrangiert sich stattdessen mit einer gleichmütigen Mittelmäßigkeit der Gefühle. Bis zu der Erschütterung, die sein Leben unvermittelt und mit Wucht trifft und bis in die Grundfesten erbeben lässt. Die Diagnose seiner Tochter, die ihn aus der Bahn wirft, ihn aufweckt, alles in Frage stellt.

Erschütterung ist ein Roman über den Umgang mit Schmerz, Verlust und Trauer. Und doch ist er kein bisschen rührselig, ist nicht auf die Tränen der Lesenden aus, sondern zeichnet mit viel Feingefühl die Beben nach, die durch diese Erschütterung ausgelöst werden und die nicht nur für Zach, sondern auch für die Menschen um ihn herum konkrete Auswirkungen haben. Wie bei einem Stein, den man ins ruhige Wasser wirft, und der ringsherum Wellen schlägt, sehen wir sein Leben um ihn herum in Bewegung geraten. Verschiedene Handlungsstränge werden dabei von Percival Everett geschickt verknüpft: als Zach einen mysteriösen Hilferuf in seiner Second-Hand-Jacke findet, kämpft er auf einmal an verschiedenen Fronten, kämpft vielleicht zum ersten Mal überhaupt mit voller Hingabe. Ein nachdenkliches, ein mitreißendes Buch, das mir sowohl für's Herz als auch für den Kopf einiges zu bieten hatte.