Fledermäuse am sich verdunkelnden Himmel

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owenmeany Avatar

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In völlig lakonischem Tonfall wie in einem Film noir berichtet der Ich-Erzähler, der Paläontologe Professor Zack Wells, von seiner beruflichen und familiären Situation. Daraus sticht lediglich die unverkennbare Zuneigung und Sorge für seine Tochter Sarah hervor, die an einer, wie sich später herausstellt, tödlichen Erbkrankheit leidet. Für ihre zwölf Jahre ist sie erstaunlich lebendig und begabt, interessiert sich für Literatur und Kunst und besiegt ihren Vater häufig im Schachspiel. Die Schilderungen werden einerseits durch irritierende Traumsequenzen unterbrochen, ebenso verunsichern wissenschaftliche Einschübe aus dem Bereich der Paläontologie den Leser - ich habe mir erst gar nicht die Mühe gemacht, die Fachausdrücke zu entschlüsseln. Auf S. 43 äußert der Erzähler selbst, dass er sich mit diesen Dingen von seinen privaten Malaisen ablenkt. Später flicht er Schachkoordinaten ein, am besten passen schließlich die kurzen Bildbeschreibungen aus dem Louvre als Parenthesen.

Nach einigen Verwicklungen mit einer ihn stalkenden Studentin und einer verkannten Kollegin nimmt das Schicksal seines Kindes einen immer weiteren Raum ein, in einem subtilen Psychogramm wird seine zunehmende Verzweiflung mit starker Empathie dargestellt.

Einen zweiten Handlungsstrang, der den ersten am Ende ablöst, bilden die Hilferufe von einer in Sklavenarbeit gehaltenen Frau, versteckt in über ebay vertriebenen Second-Hand-Klamotten. Deswegen reist er mit einem ausgeklügelten Plan nach New Mexico, anfangs noch völlig versteinert und psychisch schier zerrissen. Später gewinnt dies Eigendynamik und gipfelt in einer verwegenen Rettungsaktion.

Nach der mich fordernden Lektüre begreife ich den Roman jetzt als Abbild einer Trauerbewältigung, wie sie eher zur männlichen Psychostruktur passt. Mit den beschriebenen Verarbeitungsstrategien kann ich mich nicht hundertprozentig identifizieren, gleichwohl imponiert mir die einfühlsame, hintergründige Darstellung in hohem Maß.