Sich an die Hand nehmen lassen

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katercarlo Avatar

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Zwei Hände, die nach einander greifen – das zeigt das Cover. Und tatsächlich lohnt sich die Lektüre nur, wenn man bereit ist, sich von dem Buch an die Hand nehmen zu lassen. Zu viele eigene Gedanken, bringen einem diese Geschichte nicht näher. Stattdessen sollte man sich auf das einlassen, was einem erzählt wird und darauf vertrauen, dass die Handlung ihren Weg kennt.
So durchläuft das Buch mehrere Phasen und überrascht immer wieder. Zunächst hielt ich es vor allem für amüsant geschrieben. Mir gefielen die klugen, humorvollen und unkonventionellen Beobachtungen des Protagonisten, Zach Wells, die Selbstironie und der Zynismus mit dem er sein Leben und die Welt betrachtet. Obwohl er von sich selbst keine sehr hohe Meinung hat, konnte ich mich recht schnell mit ihm anfreunden.
Doch während Zach Wells seine Gefühle anfangs abwechselnd mit Humor und Bissigkeit übertüncht, wird er zunehmend ehrlicher mit sich und den Lesern. Er gesteht seine Ängste und Fehler ein. Das einzig wichtige in seinem Leben ist seine Tochter, sagt er und mit deren grausamen Schicksal muss er sich nun abfinden. Beim Lesen konnte ich seine Verzweiflung und Trauer spüren. Deswegen empfinde ich die irrationale Ablenkung, die er in einem vagen Hilferuf findet, ebenso wie der Protagonist als notwendige Erleichterung und beschämender Störfaktor. Dieser Handlungsstrang passt nicht zum Rest der Geschichte und macht dennoch Sinn. Er zeigt die zwei Kehrseiten des Menschseins: die eine Seite, die wir gerne präsentieren, und die andere, die wir verstecken – auch vor uns selbst.
Das Buch nimmt Zach Wells als Beispiel: Es beschreibt einen Durchschnittsmenschen, der genau wie alle anderen Menschen, Erschütterungen erlebt. Doch es langweilt seine Leser nicht mit Durchschnittlichkeit, sondern vermittelt Verständnis und Mut für solche Situationen. Das fasziniert mich und lässt mich am Ende nur mit zwei Kritikpunkt an der Geschichte zurück: die Handlung ist zu wenig, zu ausweichend, zu langsam oder unvollständig. Und die Einschübe in den Text bringen mir keinen Mehrwert, sondern irritieren mich.
Aber auch hier heißt die Lösung wieder: vertrauen, sich an die Hand nehmen lassen und der Erzählung durch die Geschichte folgen. Wer sich darauf einlässt, wird mit einer ungewöhnlichen Erzählung voller kluger Gedanken belohnt.