Nur für Nostalgiker

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rebekka Avatar

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Rex Stout ist zweifellos einer der größten Kriminalschriftsteller des angehenden zwanzigsten Jahrhunderts. Seine Geschichten um den schwergewichtigen New Yorker Privatdetektiv Nero Wolfe wurden vor 50, 60 Jahren von Freunden dieses Genres geradezu verschlungen und entwickelten sich zum Vorbild für so manchen weniger begabten Autor.
Aber die Zeiten haben sich gewandelt. Ob der Verlag Klett-Cotta gut beraten war, die Bücher Stouts neu herauszugeben, wird sich noch zeigen. Zwar ist der erste Roman „Es klingelte an der Tür“, den er jetzt als Hardcover in feiner Leinen-Optik herausgebracht hat, noch immer erstaunlich aktuell: Auch heute wieder stehen die staatlichen Ordnungsdienste überall in der Welt in Verdacht, Mitbürger auszuforschen und sich keinen Deut um den Schutz der Privatsphäre zu kümmern.
Aber der Leser ist inzwischen einen ganz anderen Schreibstil gewöhnt. Ich hatte mich eigentlich gefreut, Nero Wolfe und seinem Laufburschen Archie Goodwin wieder zu begegnen. Die Geschichte um eine vom FBI ausspionierte Geschäftsfrau und einen Mord an einem Journalisten begann auch recht vielversprechend. Je mehr sie aber voranschritt, um so weniger konnte ich mit den betulichen Recherchen Goodwins und den umständlichen Planungen Wolfes anfangen. Wahrscheinlich ist es für Nostalgiker ganz amüsant, wie der dicke Orchideenzüchter das FBI reinlegt. Aber heutige Leser wird man damit wohl kaum fesseln können. Ganz zu schweigen von dem Mordfall, den Goodwin quasi nebenbei im Alleingang löst. Ein hingeworfener Satz – und schon weiß er, wer den tödlichen Schuss abgegeben hat? Realistisch ist das nicht.
Vielleicht ist es aber auch so, dass dieser Roman schon früher nicht zu den besten Werken Stouts gezählt wurde und der Verlag Klett Cotta ihn nur wegen seiner gesellschaftlichen Aktualität als Einstieg in seine neue Reihe wählte. Dann hat er sich selbst damit kleinen Gefallen getan.