Coming-of-Age- bzw. Familiengeschichte auf Blackout-Leinwand

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Syd Atlas‘ „Es war einmal in Brooklyn“ kommt mit Titel und Erscheinungsbild fröhlich daher, doch spätestens beim Klappentext beginnt man zu stutzen – und damit wird man Recht behalten.

Es ist Sommer in New York, die ganze Stadt ächzt unter der Hitze, ein Mörder geht um und mittendrin stecken zwei 17-Jährige, die seit ihrer Kindheit befreundet sind: Juliette, in diesem Sommer auf dem Absprung zum College, und David, wegen dessen Krebserkrankung unklar ist, ob und wie es für ihn weitergeht. Als Juliette mit einem Pizzaboten antanzt und er nicht umhinkann, endgültig einzusehen, dass er sie liebt, beginnt er für diese Liebe zu kämpfen. Während seine Verzweiflung wächst, Juliette für sich zu gewinnen, legt ein Blackout die Stadt lahm …

Immer wieder erstaunt mich, wie viel man über die Welt und ihre Geschichte aus Literatur erfährt. Dass es den Blackout tatsächlich gab, verleiht der Geschichte um Juliette und David zusätzliche Brisanz, denn man kann sich ausmalen, dass diese oder ähnliche Geschichten sich in der Tat zugetragen haben könnten. Das macht es (für mich) interessant, denn ansonsten ist „Es war einmal in Brooklyn“ vorwiegend eine Coming-of-Age- gemischt mit einer Familiengeschichte. Die wiederum ist beinah klassisch angelegt: Freunde seit Kindertagen, in der Schule eher Außenstehende, die sich beim Eintritt ins Erwachsenenalter voneinander zu entfernen drohen und eine Figur verliebt sich in die andere (ausgelöst durch den Katalysator einer Liebelei der begehrten Person) – alles so oder ähnlich schon mal gelesen. Auch dass eine der Figuren Krebs hat, ist ein bekanntes Thema, das macht die Verliebtheit und das Erreichen des begehrten Ziels nur umso drängender. In der Kombination mit dem Blackout ist es dann eine neue Komposition. Womit Syd Atlas spielt, ist die Leichtigkeit Juliettes, der ja ihr ganzes Leben noch bevorsteht, sie schmiedet Pläne, die Welt steht ihr offen, sie verliebt sich, genießt den Sommer, lebt das Leben einer jungen Erwachsenen. Dagegen dann David, dessen Leben durch seine Krankheit klein, eng und ziemlich perspektivlos ist. Doch auch Juliette ist eben nicht nur oberflächlich (wenngleich man sich schon fragt, was sie an Rico findet …), denn eine Welt ohne David mag sie sich auch nicht ausmalen. Wer also aufgrund Titel und Erscheinungsbild auf eine lockere Liebesgeschichte unter jungen Erwachsenen hofft, wird sich getäuscht sehen. Zumal die Autorin noch einen echten Schicksalsschlag im Köcher hat (ich schreibe absichtlich nicht, worum es geht, weil das ein entscheidend für die Handlung ist). Es geht um Davids Krebs, die Stimmung ist in weiten Teilen melancholisch, gedrückt, aber jungen Erwachsenen gemäß auch nicht hoffnungslos. Erzählt wird die Geschichte, indem die Autorin zwischen Gegenwart und Kindheit ihrer Protagonisten hin und her blendet. Ihr Schreibstil ist in weiten Teilen gefällig und gut zu lesen und doch ist das für mich nicht rund. Deshalb werden auch die 3,5 Sterne, auf die ich komme, abgerundet, weil ich finde, dass hier jeder selbst entscheiden sollte, ob die Lektüre lohnt.