Eve - ein Leben für die Menschheit?

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kikiwee17 Avatar

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Die Dystopie "Eve of Man - Die letzte Frau" erscheint am 23.08.2019 im dtv Verlag. Es ist ein Jugendbuch und erzählt von Eve, die nach 50 Jahren, in denen es nur männliche Neugeborene gab, als erstes Mädchen geboren wurde. Jetzt ist sie 16 und soll die Retterin der Menschheit sein.

Das Cover gefällt mir gut, man sieht die Silouette einer jungen Frau, die eigentlich im Dunklen steht, nur dort, wo sie geht sieht man eine Explosion von Licht in einem warmen Gelb-Goldton. Das abgewandelte Weiblichkeitssymbol in Gold als Blickfang passt ebenso gut, wie die weiße, klare Schrift. Besonders schön finde ich, dass auch unter dem Schutzumschlag das Symbol in Gold auf dem dunkelblauen Buchdeckel eingeprägt ist.

Eve ist 16. Seit ihrer Geburt lebt sie im Turm, einer Welt, von der AFM eigens für sie errichtet und abgeschirmt vom Rest der Gesellschaft, die in einer durch Krieg und Klimaveränderung geprägten Umwelt unter schlechten Bedingungen lebt. Unterrichtet und auf ihre Rolle als Retterin der Menschheit vorbereitet, wird sie von einer Reihe Mütter, alles Frauen, die das Alter von 70 Jahren schon mehr oder weniger weit überschritten haben. Und auch eine Freundin, haben sie ihr zur Seite gestellt. Holly, ein virtuelles Mädchen, dass sie bereits seit ihrer Kindheit begleitet. Holly wird von jungen Männern gesteuert, den sogenannten Piloten, einer von ihnen ist Bram. Als es zu einem Zwischenfall kommt, stehen sich Eve und Bram erstmals von Angesicht zu Angesicht gegenüber.

Im Prolog wird kurz von der Zeit erzählt, als plötzlich nur noch Jungen geboren wurden, bis hin zum Wunder 50 Jahre später, der Geburt von Eve. Die Kapitel selbst sind meist abwechselnd in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Eve und Bram geschrieben, dadurch habe ich mich beiden von Anfang an sehr nah gefühlt und konnte ihnen direkt in den Kopf schauen. Bei beiden gibt es kursiv gedruckte Abschnitte, in Eves Kapiteln, sind das Briefe ihrer leiblichen Mutter, bei Bram Erinnerungen von ihm selbst an seine Kindheit.

Eve habe ich sehr in mein Herz geschlossen. Ich konnte ihre Gedankengänge absolut nachvollziehen. Ihr Leben lang wurde sie auf die Rolle als Retterin der Menschheit vorbereitet, nun soll sie aus drei Kandidaten einen wählen, mit dem sie ihre Zukunft verbringt und Nachkommen zeugt. Kann sie sich wirklich darauf verlassen, dass die passenden Kandidaten ausgewählt wurden. Warum darf sie nicht selbst wählen? Und überhaupt, wie sieht die Zukunft für ihre Kinder aus? Wie ist die Welt außerhalb des Turms? Welche Ziele verfolgt die AFM? Verständlicherweise kommen Zweifel auf und Eve wünscht sich ein selbstbestimmtes Leben. Hat sie das Recht dazu als letzte Frau? In diesem Zusammenhang fand ich Seite 321 sehr eindrucksvoll, hier spricht Vivian von Eves Schicksal und diese macht sich Gedanken darüber, was eigentlich ihr Schicksal ist.
>>“Was ist mein Schicksal? Ist es tatsächlich mein Schicksal, dass man mich hier fürs Gemeinwohl behandelt wie eine Zuchthündin […] Mir war immer bewusst, dass mir die gewaltige Verantwortung wie ein Mühlstein um den Hals hängt, aber die Entscheidungen über meine Mission waren nie die meinen. Um mich ist es nie gegangen“<<
Ich fand diesen Wandel vom fügsamen Objekt zur eigenverantwortlichen jungen Frau, die eben nur dieses eine Leben hat und das bestmögliche Leben leben möchte, authentisch und glaubhaft.

Auch Bram ist detailliert charakterisiert und seine Zweifel am vorgezeichneten Weg für Eve glaubhaft. Er kennt sie im Prinzip sein ganzes Leben lang und sie ist die wichtigste Person für ihn. Bisher hat er getan, was von ihm verlangt wurde, aber für Eves Zukunft würde er die Grenzen überschreiten. Schlimm fand ich die nicht vorhandene Wertschätzung seines Vaters ihm gegenüber. Zitat S.116 "Glaubst du es kümmert mich, was sich in deinem unmaßgeblichen Hirn abspielt?" Ich war überrascht, welche Risiken er bereit war einzugehen.
Ebenso fand ich die Nebencharaktere wie Mutter Nina, Mutter Kadi und auch Hartmann interessant. Man hat im Verlauf des Buches einige tolle Figuren kennengelernt, allerdings sollte man sie nicht zu sehr ins Herz schließen.

Kleine Kritikpunkte: Das Worldbuilding hätte etwas detaillierter ausfallen dürfen, von der Situation in der Außenwelt erfährt man relativ wenig, aber vielleicht wird das in den Folgebänden der Trilogie noch mehr thematisiert. Manche Dinge sind mir ein bisschen zu glatt gelaufen, darauf kann ich aber nicht näher eingehen, ohne zu spoilern.

Mich hat das Buch ausgezeichnet unterhalten. Von Lachen bis Weinen, von Gänsehaut vor Rührung bis Gänsehaut vor Entsetzen, von Freude bis Wut habe ich die ganze Palette der Emotionen bei diesem Buch erlebt. Und es regt auch zum Nachdenken über die Möglichkeiten der Wissenschaft an, und ob man diese wirklich bis zur letzten Möglichkeit ausschöpfen sollte. Ein toller Auftakt ich hoffe wir müssen nicht allzu lange auf Band 2 warten.