Flott erzählt

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marcello Avatar

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„Eve of Man“ kommt vielleicht nicht mit einem faszinierenden Cover um die Ecke, dafür hat es mir der Klappentext gefühlt vom ersten Wort an angetan. In Zeiten, wo wir durch den Klimawandel doch oft auf das Thema des Fortbestands des Menschen gestoßen werden, finde ich es extrem spannend, dass sich das Autorenehepaar Flechter dem Thema annimmt und das aus einer völlig neuen Perspektive, die mir aber dennoch zu keinem Zeitpunkt unrealistisch vorkommt. Was ist, wenn keine Frauen mehr geboren werden, so dass die Menschheit auszusterben droht? Bei diesem interessanten Gedanken war mir sofort klar, dass ich mir diese Erzählung nicht entgehen lassen darf.

Das spannendste an diesem ersten Band ist sicherlich, wie man sich erst in diese neue Welt einfinden muss. Wie leben die Figuren? Welche Technologien haben sie? Wohin soll die Reise gehen. Ich fand es faszinierend, nach und nach die einzelnen Schichten aufzudecken und zu einem Gesamtkonstrukt zusammenzusetzen. Auch an dieser Stelle ist mir dann noch einmal bewusst geworden, wie wahrscheinlich ein genau solches Szenario für uns Menschen sein könnte. In einem zweiten Schritt war für mich dann wichtig, wie sich moralisch und ethisch mit der Situation und mit den Plänen auseinandergesetzt wird. Das Thema wird erst im letzten Drittel richtig präsent, was ich aber auch gut nachvollziehen konnte. Zuvor lag der Fokus eben auf dem World Building, damit man sich als Leser eben so eindenken kann, dass er die Grundsatzdiskussion mitführen kann. Am Ende ist es dann vor allem die Hauptfigur Eve, die sich viele wichtige und interessante Gedanken macht, aber ich glaube, dass die Auswirkungen so richtig erst in einem Folgeband auf den Tisch kommen werden.

Überrascht war ich über das Erzähltempo. Am Anfang wirkt es noch so gemächlich, wie man es eigentlich am Anfang einer Geschichte auch will, um sich gedanklich einzurichten, aber plötzlich wird so dermaßen aufs Gas gedrückt, dass ich kurz etwas überfordert war. Auch wenn ich dieses flotte Erzähltempo insgesamt positiv bewerten möchte, weil wirklich keine langweilige Minute aufkommt, habe ich doch am Ende den Eindruck, dass dadurch auch logische Lücken entstanden sind. Das Trugbild des Turms wurde von Bram urplötzlich ins Wohlgefallen aufgelöst und von da an brach alles so schnell zusammen, dass ich mich fragte, warum es in anderen Geschichten immer so lange für Überzeugungsarbeit braucht. Auch die Action-Momente der Geschichte sind sehr flott erzählt, da würde es mich nicht wundern, wenn es einigen hier zu wenig war, für mich war es dafür an dieser Stelle genau richtig. Ich hätte ein etwas langsameres Tempo in den ruhigeren Momenten gutgeheißen.

Dieses Erzähltempo hat sich dann eben auch auf die Charaktere ausgewirkt. Vom Prinzip her finde ich sowohl Eve als auch Bram sehr angenehm, weil sie eben Querdenker sind, die einen starken eigenen Willen haben. Insgesamt sind die Entwicklungen bei ihnen aber zu überhastet angepackt. Gerade Bram wird vom lieben Piloten so schnell zum Anführer einer ganzen Rebellion, dass man sich ungläubig die Augen reiben muss. Bei den Antagonisten wiederum hätte ich mir an einigen Stellen überhaupt mal ein Profil gewünscht, sie wirken doch etwas blässlich. Hier zeigt sich sehr deutlich, dass ein flottes Erzähltempo nicht immer alles ist.

Fazit: „Eve of Man“ konnte mich wunderbar unterhalten, da es ein höchst interessantes Szenario aufwirft, das nun wahrlich nicht unrealistisch ist und dabei werden auch noch wichtige Grundsatzfragen thematisiert. Etwas schade ist nur, dass die Geschichte etwas zu schnell erzählt ist. So kommt zwar keine Langatmigkeit auf, aber logische Fehler und zu schnelle Charakterentwicklungen werden dadurch eben auch bedingt. Aber am Ende bleibt die Vorfreude auf einen weiteren Band.