So leise und doch so laut.

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franci Avatar

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Kennt ihr diese Geschichten, die leise, unspektakulär erzählt werden und doch ein Funkenmeer auslösen, tief gehen und trotz ihrer Stille ohrenbetäubend schreien?

So ungefähr würde ich „Every thing we had“ von Jennifer Bright beschreiben.

Ich konnte den Roman kaum zur Seite legen, denn die Autorin schreibt flüssig und voller Details, jedoch ohne ihre Geschichte zäh oder ausschweifend zu erzählen. Stückchenweise erfahren wir, was hinter der bleischweren Angst von Kate liegt, und mehrfach drückte die Last, die auf der herzlichen und wahnsinnig liebevollen, sympathischen Frau liegt, mich nieder. All, die Schuld, die Gewissensbisse – ich konnte mich in ihre Ängste hineinversetzen und auch in die traumatischen Erinnerungen. Ihre Zweifel, Albträume und Flashbacks ließen mich mitleiden, und ich bangte zwischen der Verachtung und der Anziehung zu Aidan, um ihren Traum.
Die 390 Seiten werden zwar vorrangig aus der Sicht von Kate geschildert, jedoch gibt es auch Kapitel, in denen der Leser teil an der Gedankenwelt von Aidan nehmen kann – und ihn verstehen lernt. Hinter Abweisung und einer aalglatten Fassade steckt eine tiefe Enttäuschung und der Wunsch, in die Fußstapfen seines Onkels zu treten und endlich das Leben zu leben, was er immer wollte.

Zwei starke Protagonisten, die durch Härte und Unnahbarkeit versuchen, ihr Innerstes zu verbergen und im Konkurrenzkampf ihre Vergangenheit zu vergessen. Doch was die beiden Geschäftsleute nicht einkalkulierten, war die geringe Wahrscheinlichkeit, dass ihre Herzen im Gleichklang schlagen könnten.

Ich fand Poesie und Schrecken zwischen den Zeilen, ergreifende Emotionen sowie Witz, Charme und die wahre Bedeutung von Freundschaft. Es war ein Verlauf, dessen Stimmung mehrfach umschlägt, mit Ereignissen, die aus dem Nichts kamen und Gefühlen, die greifbar schienen ohne übertrieben zu sein. Reaktionen waren ebenso nachvollziehbar wie die Handlung, die sich öfter in eine unerwartete Richtung entwickelte. Neben dem Schmerz und der Dramatik finden wir in dem Debüt von Jennifer Bright authentische Charaktere, Wärme, Liebe, Hoffnung und Träume.

Während mir öfter Tränen bei der blanken Vorstellung, was Kate in jener Nacht, die sie und ihr Leben veränderte, ertragen musste, in die Augen stiegen, umwehte mich der Geruch von Muffins und Büchern, ich lachte und litt, fühlte mich mit den Charakteren in dem zauberhaften Büchercafé, trotz der ergreifenden Thematik, rundum wohl – und doch liegt „Every thing we had“ auch nach der letzten Seite schwer im Magen.