Ermüdend

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taina Avatar

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‚Eine Ex-Frau ist eine Frau mit einem steifen Nacken, weil sie immer über die Schulter zurück auf ihre Ehe schaut.‘ Patricia kann es weder glauben noch akzeptieren, dass Peter sie verlassen hat. Er hatte Affären, gesteht ihr dieses Recht jedoch nicht zu und verlässt sie, weil sie nicht ‚rein‘ ist. Von da an dreht sich bei Patricia viele Jahre lang alles um Peter, sie lebt in der ständigen Hoffnung, er käme zurück. Dass die Ehe nicht glücklich war und eine erneute Beziehung auch nicht besser würde, weiß sie, kann jedoch das Scheitern nicht akzeptieren. Sie haben viel gestritten, er wollte das gemeinsame Kind nicht, es starb früh. Ihre Erinnerungen daran sind genauso äußerlich, wie sie lebt: Stets behauptet sie, den Kleinen sehr geliebt zu haben, erinnert sich aber vor allem an seine Augen und seine langen Wimpern. Es braucht dennoch lange, bis sie sich von Peter scheiden lässt, eine geschiedene Frau zu sein, ist für sie eine Niederlage, eine Situation, mit der sie schwer zurechtkommt.
Vordergründig führt Patricia ein freies Leben. Als Werbetexterin und anschließend Chefin der Abteilung ist sie erfolgreich und verdient gut. Doch die Gesellschaft wie auch ihr Leben ist auf das Miteinander mit einem Mann ausgerichtet. Zahllose Affären prägen ihren Tagesablauf, sie zieht durch Bars, lässt sich zum Essen einladen, schläft mit den Männern, die ihr das bieten können. Der Sex selbst bleibt ausgespart, so weit konnte die Autorin dann doch nicht gehen. Der Mann, den sie lieben könnte, heiratet eine andere Frau und hat ein Kind mit ihr. Patricia ist auf ihr Aussehen fokussiert. Ihre Schönheit und ihre Kleidung sind ihr sehr wichtig, es wird sehr ausführlich beschrieben, wie sie sich kleidet, aus welchem Stoff ihre jeweilige Garderobe ist und welche Einkäufe sie tätigt. Kleid, Hut, Schuhe, alles passt zusammen und wird sorgfältig dem Anlass entsprechend ausgewählt. Die Wirkung ihres Auftretens ist zentral und zeigt, wie wenig frei sie wirklich ist. Eine Frau dieser Zeit ist abhängig von Männern, selbst wenn ihr Leben nach außen hin anders erscheint.
Die Ausführungen der Autorin sind ermüdend. Über weite Strecken geht es um das immer gleiche: Aussehen, Wirkung, Affären, weitermachen. Am Ende des Buches heiratet sie jemanden, der ihr Schutz und ein schönes Leben bieten kann. Sie sieht ihr Spiegelbild an und weiß nicht, wem sie dort begegnet. Und die Leserin weiß es auch nicht, weil Patricias Charakter hinter dem, was sie tut, verborgen bleibt.
Dieses Buch ist keine der Wiederentdeckungen, die man gelesen haben muss, es sei denn, man möchte sich ein Bild davon machen, dass es auch im New York der 1920-er Jahre Frauen gab, die unkonventionell gelebt und sich ein Stück dessen genommen haben, was den Männern zustand.