Viel Magie - wenig Gefühl

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ryukforapples Avatar

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In FaeBound begleiten wir zwei Schwestern, die in die Welt der Fae gezogen werden. Während die eine Schwester als Ziel einer dunklen Prophezeiung gilt, wird die andere in Machtspiele und Intrigen verwickelt, die ihr Leben für immer verändern könnten. Ihre Reise führt sie durch ein Reich voller Magie, Geheimnisse und Gefahren, während sie zwischen Loyalität ihres Landes bzw. ihrer Berufung, Familie und den eigenen Wünschen hin- und hergerissen sind.

Positiv hervorzuheben ist der Start ins Buch. Die Legenden, auf denen die Welt aufbaut, sind atmosphärisch und überzeugend umgesetzt. Zu Beginn fällt es leicht, in die fremde Welt einzutauchen, da die Entstehungsgeschichte der Welt logisch und schlüssig erklärt wird. Vor allem gegen Ende greifen mehrere Handlungsstränge ineinander und verleihen zumindest der Welt und der Erzählung eine teilweise Tiefe, die zu den stärkeren Momenten des Buches zählt.

Trotz des anfangs gelungenen Settings scheitert FaeBound leider an dem, was eine Geschichte letztlich trägt: ihren Charakteren. Weder Yeeran noch ihre Schwester Lettle zeigen im Verlauf der Handlung eine erkennbare Entwicklung. Ihre Beziehung zueinander bleibt über weite Strecken von Missgunst, Misstrauen und sogar offenem Hass geprägt. Eine tiefere, glaubwürdige Schwesternbindung – die angesichts der zentralen Rolle ihrer Beziehung zu erwarten wäre, bleibt leider aus. Diese emotionale Leere erschwert es erheblich, mit den Figuren mitzufühlen oder ihre Handlungen nachvollziehbar zu finden.

Auch die romantischen Beziehungen bleiben blass. Während Yeeran einer verlorenen Liebe nachhängt, die kaum greifbar gemacht wird, kämpft Lettle mit einer schicksalhaften Prophezeiung – ebenfalls ohne echte emotionale Tiefe. Die Dialoge, das Miteinander und der Weg dorthin wirken nicht authentisch, eher oberflächlich, sodass der Funke nie überspringt.

Nebenfiguren bleiben ebenso schemenhaft. Ihre Rollen sind oft auf flache Gags oder stereotype Verhaltensmuster reduziert, was ihrer potenziellen Bedeutung in der Geschichte nicht gerecht wird. Auch die Verbindung der Figuren zu ihren Fabelwesen – eigentlich als tief und intim beschrieben – wirkt enttäuschend oberflächlich. Die Bindung beschränkt sich im Wesentlichen auf belanglose Gespräche über Futter und Weideflächen. Besonders irritierend ist dabei, dass diese Wesen zwar mit Reißzähnen beschrieben werden, sich aber rein pflanzlich ernähren – Diese Entscheidung wirkt unausgereift und lässt die Wesen nicht authentisch erscheinen. Vielmehr entsteht der Eindruck, als wolle die Autorin zwanghaft eine Welt erschaffen, in der sich niemand gegenseitig etwas antut und Fleischfresser eigentlich Pflanzenfresser sind – was der Erzählung ihre Glaubwürdigkeit nimmt. Während Diversität in Geschichten bereichert, sollte sie nicht zulasten des Leseflusses gehen. In FaeBound wurde wiederholt auf nicht-binäre Pronomen wie they und their im ansonsten deutschsprachigen Text zurückgegriffen. Diese uneinheitliche Sprachwahl reißt den Leser regelmäßig aus dem Erzählfluss heraus. Die Verwendung englischer Begriffe für geschlechtsneutrale Bezeichnungen innerhalb eines deutschen Romans wirkt künstlich und konstruiert – statt Inklusion zu fördern, erschwert sie das Eintauchen in die Geschichte. Gerade in einer Fantasywelt, die eigene Begriffe und Strukturen schaffen könnte, wäre eine kreative Lösung wesentlich überzeugender gewesen.
Zurück zur Story: Weiterhin sind die Prophezeiungen, die eigentlich Spannung erzeugen sollten, früh durchschaubar. Leserinnen und Leser wissen oft schon lange vor den Charakteren, worauf alles hinausläuft, was die Geschichte vorhersehbar und stellenweise langatmig macht. Einige Kapitel ziehen sich, da auch die Sprache nicht immer flüssig wirkt – insbesondere durch unklare Metaphern oder sperrige Formulierungen.
Die Menschen in der Fae Stadt werden durchweg als ablehnend und feindselig dargestellt, eine positive Beziehung zu diesem Ort oder den Fae als Volk kann der Leser somit auch nicht aufbauen. Was bleibt dem Leser also am Ende noch?

Mir viel es durch die vielen Kritikpunkte sehr schwer vollends in die Geschichte abzutauchen. Was auf den ersten Seiten gut begann fühlte sich im Verlauf der Geschichte zu konstruiert und nicht mehr authentisch an. Viele eigentlich positive Aspekte in Bezug auf Diversität wirkten mit zunehmender Seitenzahl leider nicht mehr authentisch. Statt sich organisch in die Handlung einzufügen, schien es oft, als wolle die Autorin unbedingt möglichst viele gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen – unabhängig davon, ob sie zur Geschichte oder Welt passten.
Für mich deshalb leider nur zwei Sterne. Der zweite Teil wird es bei mir nicht ins Regal schaffen.