Noch eine Internatsgeschichte

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mariederkrehm Avatar

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Noch eine Internatsgeschichte mit Kindern, die ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten entdecken? Ja. Und sie treffen in dieser besonderen Schule auf Gleichgesinnte? Genau. Das ist nicht neu, aber wer sowas mag und dazu noch Märchenfortschreibungen gut findet, findet hier unterhaltsamen Lesestoff.

Das Fairy Tale Camp nimmt sich bekannte Märchen aus der Grimmschen Sammlung vor und formt um sie herum eine Schulgeschichte, in der die jungen Leser die bekannten Strukturen ihres Lernalltags wiederfinden.

Im Camp versammeln sich Nachfahren berühmter deutscher Märchenfiguren wie Rotkäppchen oder Aschenputtel. Marie Brunner, um die es geht, stammt zum Beispiel von Frau Holle ab. Und mit dem Wolfswandler Will lernen wir einen Jungen kennen, dessen Urahn die sieben Geißlein mit weißer Pfote und feiner Stimme überlistet hat. Daneben ist die dauerschläfrige Rosalie unschwer als ein Dornröschen zu identifizieren.

Mit der Fülle an Märchennachfahren ist Abwechslung garantiert, leider ist die Geschichte damit auch arg überfrachtet. Nichts wird wirklich auserzählt, es bleibt nur Zeit für Andeutungen. Und wer den Märchenschatz der zwei Hanauer Volkskundler gar nicht kennt, dem werden einige Facetten des Buchs verborgen bleiben.

Schön ist, dass das bittersüße „Jorinde und Joringel“ in dem Buch eine zentrale Rolle spielt. Diese besonders zauberhafte Geschichte gehört zu den seltener zitierten Geschichten der berühmten Sammlung.

Ärgerlich dagegen ist das Anbiedern an die Disneyversionen der überlieferten Erzählungen. So ist im Original von Rapunzel nirgendwo die Rede davon, dass die Zauberin das Haar des Mädchens benötigt, um ihr jugendliches Aussehen zu konservieren. Diese Interpretation haben wir der Verfilmung aus dem Jahr 2010 zu verdanken.

Internatsgeschichten und Märchenfortschreibungen: Wer beides mag, kommt hier aus seine Kosten. Besonders originell ist diese Geschichte aber nicht. Weitere Teile sollen folgen.