Intelligent konstruiert und sehr spannend!

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nordlicht Avatar

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Inhalt
Patrick Dostert sitzt in Untersuchungshaft. Er wird beschuldigt, Jana Gehlen in ihrer Wohnung schwer misshandelt und entführt zu haben, nachdem diese behauptet hat, er habe ihre beste Freundin Yvonne Voigt entführt und möglicherweise ermordet. Patrick führt im Gefängnis ein Tagebuch, in dem er über die Ereignisse berichtet, die zu seiner Verhaftung geführt haben.
Eines Morgens erscheinen zwei Kriminalbeamte in seinem Haus und konfrontieren ihn mit der Anschuldigung einer Frau namens Jana Gehlen, deren beste Freundin seit einigen Tagen spurlos verschwunden ist. Die Freundin soll ein Verhältnis mit Patrick gehabt haben und von diesem misshandelt worden sein.
Im Internet taucht ein Video auf, das eine weitere – unbekannte - Frau von Patrick gemacht hat, darin stellt sie ihn auf offener Straße und bezeichnet ihn als Psychopathen. Patrick beteuert seine Unschuld, er kenne diese beiden Frauen nicht einmal. Er lebt in geordneten Verhältnissen, ist bisher unbescholten, offenbar glücklich verheiratet und er verdient gut. Die beiden Kommissare wissen nicht, was sie von der Sache halten sollen. Als jedoch auch die Zeugin Gehlen verschwindet und im Netz ein Video auftaucht, auf dem Patrick bei der Misshandlung dieser Frau zu sehen ist, wird er verhaftet.
Alle Indizien sprechen gegen ihn, eine Verurteilung scheint unausweichlich. Ein Freund beauftragt den berühmten Strafverteidiger Göbel und den Privatdetektiv Bohn, in dem eigentlich schon geklärten Fall weiter zu ermitteln…

Beurteilung
Die Handlung dieses Kriminalromans wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Als Ich-Erzähler spricht der Protagonist den Leser aus der JVA direkt an, in seinem Tagebuch nimmt er jedoch eine distanziertere Perspektive ein und schreibt über sich selbst und seine Vorgeschichte in der dritten Person. Weitere Perspektiven bieten – nach Patricks Verhaftung – die Schilderungen der Tätigkeiten des Strafverteidigers Göbel und seines Privatdetektivs Bohn, die beweisen wollen, dass es sich bei dem Misshandlungsvideo um ein Deepfake handelt.
Durch den Perspektivwechsel gestaltet sich die Lektüre äußerst kurzweilig und dazu noch hochspannend, da man nicht umhinkann, für Patrick, der urplötzlich in einem Alptraum gefangen ist, Empathie zu empfinden und selbst nach Beweisen für seine Unschuld zu suchen. Der Autor thematisiert das unglückselige Phänomen medialer Hetzjagden in sozialen Netzwerken. Durch die Weiterverbreitung unbewiesener Behauptungen gerät Patricks Leben aus den Fugen, er verliert seinen Arbeitsplatz und auch seine Frau beginnt an ihm zu zweifeln.
Der Roman ist sehr intelligent konstruiert, der Autor legt geschickt einige falsche Fährten und präsentiert einige Menschen im Umfeld des Protagonisten, die etwas zu verbergen haben. So kann der Leser diverse Theorien erstellen, um zum Schluss doch noch überrascht zu werden.
Einige Details wirken nicht realitätsnah: Die Kommissare ermitteln nicht gründlich genug in alle Richtungen und gefährden eine Zeugin auf eine nicht vertretbare Weise – man hofft zumindest, dass dieses Verhalten nicht der Realität entspricht.
Im Nachwort werden aktuelle technische Fortschritte im Hinblick auf die Erstellung von Videofilmen erläutert.

Fazit
Ein intelligent konstruierter, spannender Krimi, der technische Fortschritte und die damit verbundenen Schattenseiten anspricht!
4,5 Sterne