Falsche Erwartungen

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Hochzeitsfotografin Harriet kann sich selbst überhaupt nicht vorstellen, zu heiraten, löst ihre Verlobung mit dem wohlhabenden Jon gleich am ersten Tag wieder auf und zieht Hals über Kopf in eine WG mit dem attraktiven Cal. Und als wäre da das Chaos nicht schon vorprogrammiert, droht auch ihre Vergangenheit, sie wieder einzuholen.

Ich bin großer Fan von Mhairi McFarlane, weiß aber auch jetzt, Tage nachdem ich das Buch zuende gelesen habe, nicht, was ich davon halten soll – in jedem Fall bin ich also aber nicht so begeistert wie von seinen Vorgängern.
Klarer Pluspunkt ist die Protagonistin Harriet – wie von McFarlane gewohnt eine toughe Frau mit beeindruckender Schlagfertigkeit und einnehmendem Sinn für Humor. Sie wirkt in ihren verschiedenen Charakterzügen, Emotionen und Reaktionen sehr authentisch, dabei aber direkt sympathisch. Am liebsten wäre ich Teil ihrer Freundschaft mit der exzentrischen Lorna, und auch die anderen Charaktere sind bis ins Detail gut durchdacht.
Mhairi McFarlane schafft es immer wieder, schwierige Themen in ihren romantischen Komödien zu verpacken. Zentraler Punkt in diesem Roman waren toxische Beziehungen. In einem Interview nach der Danksagung gab die Autorin sinngemäß an auszuprobieren, wie ernst sie werden kann ohne den RomCom-Charakter zu verlieren. Ich finde, dass sie das in Hinblick auf die toxischen Beziehungen in diesem Roman gut balanciert bekommen hat. Ich schätze, was mich vielmehr gestört hat, war das Gefühl, dass da eine Baustelle zu viel ist in Harriets Leben – ebenjene toxische Beziehung, ihre familiäre Situation, unerwartet auch noch Streit mit einer Freundin… Aber vielleicht bin ich dahingehend auch zu einfach gestrickt. Was mir persönlich auch nicht so gefallen hat, ist der Eindruck von einem etwas erwachseneren, britischen „GossipGirl“ – alles ist irgendwo eine Intrige, sodass auch nicht selten Gesprächsthema ist, was wer wieder für Hintergedanken hat. Das ist aber ein wirklich sehr persönlich geprägter Eindruck, man könnte andersherum sicher auch als positiv werten, wie die Autorin dargestellt bekommt, wie sehr Harriets Erlebnisse sie, ihr Denken und Umfeld beeinflussen.
Insgesamt denke ich, dass ich mit einer falschen Erwartung an das Buch herangegangen bin. Wer McFarlanes Vorgänger-Romane kennt und ähnliches erwartet, wird vielleicht enttäuscht – bei weniger anspruchsvoller Haltung kann die Autorin aber ganz sicher mit ihrem Humor, Empathie und der authentischen Protagonistin überzeugen.