Hochzeitsfotografin flieht nach Antrag

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buchkathi Avatar

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Harriets Beruf hat mit dem schönsten Event im Leben eines Paares zutun: Sie ist Hochzeitsfotografin. Und dennoch findet sie die Vorstellung ihren Freund Jon zu heiraten ganz fürchterlich. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie sich nach seinem Antrag von ihm trennt. Denn offensichtlich hat er ihren Wunsch, nicht heiraten zu wollen, gar nicht so ernst genommen. Oder hat er viel mehr seine Wünsche über ihre gestellt?
Als Harriet erstmal gut aus Jons Haus ausgezogen und aus der Beziehung geflohen ist, bringt der Abstand sie dazu, die ganze Beziehung ganz anders zu sehen, als noch vor wenigen Tagen. Denn das was sie Jon noch zuvor als Schusseligkeit oder Gutmütigkeit gegenüber seiner Familie hat durchgehen lassen, zeigt sich ihr jetzt als pure Manipulation und Übergriffigkeit. Es macht große Freude, Harriet bei diesem Wandel zu begleiten und ihre lustigen Umschreibungen für die ach so gehasste Schwiegermutter in spe zu lesen oder zu hören, wie sie Jon immer wieder versucht klar zu machen, dass nun wirklich Schluss ist. Es ist definitiv nichts, was man selbst erleben will, aber beim Lesen unterhält es ganz wunderbar. Mein Favorit ist da wirklich die ignorante Mutter von Jon.
Neben Jon gibt es aber durch den Auszug auch noch Cal in Harriets Leben, zu dem sie gezogen ist, ohne ihn zu kennen. Denn Cal hat nach einem Mitbewohner im Internet gesucht und Harriet hat die Gelegenheit beim Schopf ergriffen. Blöd nur, dass die beiden sich doch nicht so ganz unbekannt sind, wie sie zunächst denken. Und dann spricht Cal sie auch noch auf ihre Vergangenheit an und Harriet muss diese aufarbeiten. Doch da erweist sich Cal als überaus hilfreich.
Während Harriet anfangs wie das naive Dummchen daherkommt, die gutmütig alles hinnimmt, was ihr Freund oder deren Familie so fabriziert, scheint mit seinem Antrag ein Wandel in Gang gekommen zu sein, der sie komplett verändert. Sie emanzipiert sich, fordert ihre Bedürfnisse ein und man hat Freude beim Zusehen. Auch die weiteren Charaktere sind wunderbar beschrieben und runden die Geschichte perfekt ab: Lorna mit ihren bissigen aber durchaus zutreffenden Kommentaren, die hochnäsige Schwiegermutter, der scharfsinnige Cal, den man am Anfang nicht durchblickt. Und dann ist da ja auch noch Harriets Geheimnis aus der Vergangenheit, was unterschwellig eine Spannung aufbaut und kontinuierlich hochhält.
Der Roman ist auf jeden Fall kein klassischer Fall von „Ich weiß ab Seite 1 wie es ausgeht“, sondern unterhält mit tollen Figuren und einer spannenden Handlung mit vielem Unerwarteten.