"Das stinkt schlimmer als ein Fischmarkt im Sommer"

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elke seifried Avatar

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Anton Leiss-Huber hat mir mit „Gnadenort“ schon gelungen, humorvolle Krimiunterhaltung bereitet und deshalb habe ich mich sehr über die Fortsetzung gefreut. Auch dieses Mal hat mich der Autor mit seinem Altöttinger Völkchen sehr gut unterhalten.

Kehrausparty, ganz fatal für Kommissar Max Kramer, da muss wohl ein Amnesia Cocktail von Spusi Toni zu viel gewesen sein. Wäre es bei einem Fetzenkater nicht schon elendig genug, dass er mit Entsetzen feststellen muss, dass die attraktive Staatsanwältin Rasske beim Aufwachen neben ihm im Bett liegt, ruft ihn auch noch sein Kollege Fäustl in die Kapelladministration, wo der tote Schutt-Novotny, der Verwalter des »Tilly-Benefiziums« erstochen in einer riesen Blutlache liegt. Ganz abgesehen davon, dass der örtliche Frauenbund auch noch vor der Tür gegen die Abschaffung des „Tilly Benefiziums“ demonstriert. Alle Hände voll zu tun in Altötting für Max, nicht nur Mord aufklären! Ob er wohl auch dieses Mal wieder tatkräftige Unterstützung von seiner Jugendliebe und jetzigen Novizin Maria Evita erhalten wird?

Der Krimi beginnt sofort spannend, ein Nepomuk wird von einer unbekannten Frau und ihren zwei Schlägern bedroht, was muss er ihr ausliefern, warum darf die Polizei von dem Überfall nichts erfahren, warum soll man an Tilly denken? Dann wird man auch schon Zeuge am Mord an Rainer Schutt-Novotny, dem Verwalter des »Tilly-Benefiziums«. Alles dreht sich um diesen Graf Tilly, den katholischen Feldherrn aus dem Dreißigjährigen Krieg, aber was hat es damit auf sich? Man kann sofort rätseln und kombinieren. Warum will der Bischof, dass geschwiegen wird, wo war die Ehefrau des Opfers in Wirklichkeit zur Tatzeit und was soll dieser Nepomuk bitte besorgen? Immer neue Hinweise machen die Ermittlungen so richtig spannend. Ich hatte irgendwann einen Verdacht in welche Richtung es laufen wird, der Autor hat mich aber bis zum Schluss über die Zusammenhänge im Unklaren gelassen.

Der Schreibstil liest sich einfach nur herrlich locker, leicht. Ich bin regelrecht mit einem steten Grinsen im Gesicht durch die Seiten geflogen. Der Autor weiß nicht nur zu fesseln, sondern auch prächtig zu unterhalten. Urkomische Szenen, spritzig, humorvolle Dialoge und dazu noch seine liebevoll erschaffenen Darsteller mit ihren Macken, machen das Lesen hier zum großen Vergnügen. Herrlich sind auch einfach originelle Vergleiche wie „tonale Umweltverschmutzung“, wenn Pfarrhaushälterin Schosi beim Kochen singt, „Beschäftigungsvakuum“, wenn die Arbeit ausgeht, oder „Ihr Mund schmeckte wie Papier“, wenn die Rasske Max einen Abschiedskuss aufdrückt.

Die Charaktere sind alles Originale, die mir so richtig ans Herz gewachsen sind. Kommissar Max hängt schwer an seiner Jugendliebe Evita, ist ein ehrlicher und gutmütiger Kerl, den man einfach mögen muss. Richtig gut gefällt mir auch sein nettes Gekabbel mit seinem Kollegen Fritz Fäustel, dessen Laune nur ein richtiger Leberkässemmel, oder mehr davon, nach oben katapultieren kann. Wegen der Staatsanwältin hat sich Max ein wenig bei seinem unsympathischen Chef in die Nesseln gesetzt, aber der spielt ja nur am Rande mit. Novizin Maria Evita ist natürlich auch nicht so, wie man sich eine typische Nonne vorstellt, auch wenn sie ihre Aufgaben mit Sicherheit sehr pflichtgemäß erfüllt. Ihr Gedanke ist meist, wenn der liebe Gott nicht damit einverstanden wäre, würde er mich das nicht tun lassen. Auf keinen Fall vergessen darf man Monsignore Joseph Hirlinger, der sein heiliges Elend mit der LOW-CARB Diät hat, die ihm seine Haushälterin Schosi, sein „personifizierter Murphy“, dieses Mal verpasst. Ich könnte jetzt noch Tränen lachen, wenn ich daran denke, wie sie mit kohlenhydratfreien Spaghetti und Pflaumensaft mit ihren einen Waffen geschlagen wird, bis sie singt, „Gib uns halt nachad a seliges End, dass sich halt keiner in der Höll an Arsch verbrennt. Widewadeweh“. Fräulein Petronilla Schosi ist mein persönliches Highlight in der Reihe.

Der Autor stammt aus Altötting und das merkt man hier auf jeder Seite. Er stellt die Eigenheiten der überwiegend katholischen Einwohner mehr als gekonnt dar, ohne sie zu bewerten. Das überlässt er dem Leser schön selbst. Ganz klar darf auch immer wieder einer in Dialekt zu Wort kommen und wenn es nur heißt „ja wirkli ned“

Alles in allem ein wirklich gelungenes Gesamtpaket, das für gute Laune sorgt, einen tief nach Altötting entführt und natürlich einen spannenden Mord aufklärt. Von mir gibt es volle 5 Sterne für die gute Unterhaltung.